Man stelle sich vor, ein Staatsanwalt bearbeitet einen heiklen, ergo "berichtspflichtigen" Fall. Das läuft dann so ab: Staatsanwalt ermittelt und schreibt seinen Bericht, in dem er für oder gegen eine Anklageerhebung argumentiert. Den schickt er an seinen Gruppenleiter, der schickt ihn an den Leiter der Staatsanwaltschaft, der an den Leiter der Oberstaatsanwalt, der ihn in die zuständige Ministerial-Sektion sendet. Die schickt den Akt an das Ministerbüro. Dort wird er (hoffentlich) gelesen und gebilligt, dann wandert der Akt den gesamten Weg wieder zurück. Darüber können Wochen vergehen. Man kann verstehen, wie "erfreut" die Ankläger sind, dass Justizministerin und Parteien nun noch mehr Berichte wollen.

Hätte Claudia Bandion-Ortner Reformen gewollt: Sie hätte zunächst einmal den bürokratischen Hürdenlauf in ihrer Behörde beendet. Sie hätte längst die Riege der Wirtschafts-Staatsanwälte aufgestockt, anstatt großzügig zu verkünden, dass der mit der Causa Buwog befasste Ankläger ab sofort eh nur mehr diesen Fall bearbeiten muss. Und sie hätte eine Diskussion angestoßen, an deren Ende im besten Fall eine unabhängige Staatsanwaltschaft gestanden wäre - und im schlechtesten zumindest das Bewusstsein für ein latentes Problem implementiert worden wäre.

All das hätte sie tun können. Stattdessen hat sie es sich mit ihren Anklägern verscherzt. Ob sie eine zweite Reformchance bekommt, ist nicht nur aus diesem Grund fraglich. (Petra Stuiber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.4.2011)