"Löschen statt sperren", heißt die neue Strategie der deutschen Bundesregierung in Bezug auf Kinderporno-Seiten im Internet

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"Stopp!" Das Schild mit weißer Schrift auf rotem Hintergrund wäre im Internet nicht zu übersehen gewesen. Eigentlich hätte es sich immer dann dem Internetnutzer präsentieren sollen, wenn er eine Kinderpornoseite öffnet.

Doch diese Strategie, die sich die große Koalition Ende 2008 in Deutschland ausgedacht hat, um derartige Seiten den Blicken der Usern zu entziehen, ist passé, noch bevor sie richtig in Fahrt kam. Das Kabinett beschloss am Mittwoch eine neue Strategie: Kinderpornos im Internet werden nicht gesperrt, sondern gelöscht.

99 Prozent Löschquote

"Löschen statt sperren", heißt die von der FDP forcierte Aktion demnach, sie soll von Experten des Bundeskriminalamtes (BKA) durchgeführt werden. Dieses hat bereits einen Probelauf durchgeführt und danach erklärt: Binnen zwei Wochen wurden 93 Prozent aller gemeldeter Inhalte gelöscht, nach vier Wochen seien es schon 99 Prozent gewesen.

Das Löschen ist zwar technisch aufwändiger, aber laut Experten effektiver. Denn beim Sperren werden die Webseiten nicht endgültig entfernt, sondern die Anfrage nur auf einen anderen Server umgeleitet. Diese technische Umleitung können jedoch sowohl User als auch Anbieter umgehen. Nach dem Löschen hingegen können die Inhalte solcher Seiten auch über Umwege nicht mehr abgerufen werden.

Auch hatten Internet-User und Datenschützer befürchtet, dass die nötige Infrastruktur für das Sperren auch gleich für andere Zensurmaßnahmen im Internet genützt werden könnte. Die damals zuständige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte deshalb auch den Spitznamen "Zensursula" erhalten.

Das Europäische Parlament hat sich Mitte Februar ebenfalls mit der Thematik beschäftigt, die Einführung verpflichtender Internetsperren auf EU-Ebene aber abgelehnt. (Birgit Baumann, DER STANDARD Printausgabe, 14.4.2011)