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Der internationale Währungsfonds (IWF) rügt die US-Wirtschaftspolitik. Das Budgetdefizit sei mit neun Prozent zu hoch. Ohne einen "glaubwürdigen Pfad" könnte die US-Budgetpolitik zum Risiko für die internationale Finanzstabilität werden.

Problematisch ist für den IWF, dass das US-Finanzministerium 2011 und 2012 Schulden im Ausmaß von knapp 50 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung bedienen muss. Präsident Barack Obama wollte Mittwochabend Einsparungen im Verteidigungs- und Gesundheitsetat und eine Steuerreform ankündigen.

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Washington - Die budgetäre Schieflage in den USA ist eine Gefahr für die globale Finanzstabilität. Mit dieser Warnung hat der Internationale Währungsfonds (IWF) im aktuellen Finanzstabilitätsbericht seinem größten Geldgeber, den USA, kräftig auf die Finger geklopft. Es fehle eine "glaubwürdige Strategie", um den US-Budgetpfad wieder auf einen nachhaltigen Kurs zu lenken. Carlo Cottarelli, Chef der IWF-Abteilung für Haushaltsfragen, warnte: "Wenn dieses Risiko schlagend wird, hätte es schwerwiegende Konsequenzen für den Rest der Welt. Daher ist es wichtig, dass die USA lieber früh als spät ihre Budgetkonsolidierung auf sich nimmt."

Die Ökonomen des IWF äußerten ihre scharfe Kritik an der Sparpolitik just, als US-Präsident Barack Obama seinen neuen Budgetkurs präsentierte. Vier Eckpfeiler soll die Strategie haben: Kürzungen im Verteidigungsetat, effektivere Nutzung der Gelder bei den Gesundheitsprogrammen, eine strikte Ausgabekontrolle und eine Steuerreform, die insbesondere Schlupflöcher schließen soll. Damit will Obama eine Alternative zum vorgestellten Plan der Republikaner aufzeichnen, die in der nächsten Dekade die Schulden um 4000 Milliarden Dollar (2762 Mrd. Euro) reduzieren wollen.

Die USA haben sich zusammen mit Japan am meisten Zeit für die Konsolidierung gelassen. Auch 2011 wird das Defizit mit neun Prozent laut IWF-Schätzung deutlich höher liegen als etwa in Europa, wo große Einschnitte bei Staatsausgaben vollzogen wurden. Ähnlich große Kürzungen seien in den USA nötig, um das Versprechen der großen Industrienationen zu erfüllen, bis 2013 das Defizit zu halbieren. Laut IWF braucht es in Amerika die größte Zwei-Jahres-Konsolidierung seit 1960. "Um die globale Finanzstabilität zu bewahren, müssen die Pläne zur Budgetkonsolidierung in den USA und Japan deutlich an Konturen gewinnen", betonen die IWF-Ökonomen.

Zu kurzfristige Schulden

Doch gefährlich sei nicht nur ein hoher Schuldenstand, sondern auch eine ungünstige Struktur der Verbindlichkeiten. Denn die Laufzeit der US-Schulden ist im internationalen Vergleich sehr kurz, die Amerikaner müssen daher viel Geld vom Kapitalmarkt aufnehmen, um ihre Schulden zu refinanzieren, was das Finanzierungsrisiko deutlich erhöht. Mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung muss 2011 und 2012 refinanziert werden, schätzt der IWF, deutlich mehr als in vielen europäischen Staaten. In diesem Umfeld könnte eine misslungene Anleihenauktion einen Käuferstreik auslösen.

Im schlimmsten Falle drohe damit eine Finanzierungskrise wie in Europa. Denn die USA seien insbesondere stark davon abhängig, dass die Zinsen für ihre Staatsschulden niedrig bleiben. Doch die Zinsen werden laut Schätzungen der Ökonomen auf breiter Front ansteigen. Bei den Leitzinsen rechnen Experten mit ersten Zinsanhebungen durch die US-Notenbank Ende 2011 oder am Beginn von 2012. Langfristige Anleihen haben im vergangenen Halbjahr wieder kräftig zugelegt, von 2,4 Prozent im Oktober auf 3,5 Prozent heute.

Dazu kommt, dass bereits große Investoren angekündigt haben, aufgrund der hohen Verschuldung weniger US-Staatsanleihen (Treasuries) zu kaufen. Bill Gross von Pimco, Portfoliomanager des weltweit größten Anleihenfonds, setzt bereits auf fallende Kurse bei Staatspapieren. Gross rechnet mit stark steigenden Zinsen, wenn die US-Notenbank Fed im Sommer ihr Ankaufprogramm für Staatspapiere auslaufen lassen wird. Derzeit kauft die Fed monatlich 75 Milliarden Dollar an Treasuries. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.4.2011)