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Insbesondere dem Steuerprivileg bei Diesel soll mit einer EU-Direktive der Garaus gemacht werden.

Foto: APA/Alexander Ruesche

Wenn Brüssel mit Steuervorschlägen vorprescht, folgt die Angst vor neuen Belastungen auf dem Fuß. Nein, sagt Steuerkommissar Algirdas Semeta: Man wolle lediglich weg von einer zu starken Belastung des Faktors Arbeit.

Brüssel – Er verstehe die Aufregung nicht, sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta bei der Vorstellung eines Vorschlags zu einer neuen "Energy Taxation Directive". In Deutschland hatten Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Autofahrerklubs unisono aufbegehrt, als Teile der Steuervorschläge vorab bekanntwurden, wonach Diesel verteuert werde. Semeta wies jedoch darauf hin, dass die Aufschläge, die Deutschland schon jetzt auf Treibstoffe einhebt, höher sind als die Mindestsätze, wie sie im Steuervorschlag vorgesehen sind.

Diesel würde durch die neue Richtlinie in der EU tatsächlich teurer. Einer der Kernpunkte des Vorschlags ist nämlich, dass Kraftstoffe nicht mehr wie bisher mengenmäßig besteuert werden, sondern nach ihrem Energiegehalt und ihrem Kohlendioxidausstoß. Da man mit einem Liter Diesel weiter fahren kann als mit einem Liter Benzin, wird nach dieser Logik Diesel künftig stärker besteuert als bisher.

Für Österreich hat dies, zumindest in der ersten Phase, keine Auswirkungen. Hierzulande muss für einen Liter Diesel 0,397 Euro Mineralölsteuer abgeführt werden; der Semeta-Vorschlag aber operiert mit niedrigeren Aufschlägen, sodass Länder mit extrem niedriger Mineralölbesteuerung nachziehen müssen. So ist vorgesehen, dass der EU-weite Mindeststeuersatz auf Diesel von derzeit 0,330 Euro bis 2015 auf 0,382 Euro hinaufgeschraubt werden muss und sich bis 2018 gar auf 0, 412 Cent pro Liter erhöht.

Gleichzeitig sollen die Aufschläge auf Benzin mit derzeit 0,359 Cent je Liter im EU-Durchschnitt gleich bleiben. Dadurch wird laut Semeta dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Liter Diesel mehr vom Treibhausgas CO2 emittiert als Benzin.

Ein weiteres Kernelement des Vorschlags betrifft einen "Kohlendioxid-Aufschlag" auf solche Unternehmen, die derzeit nicht vom EU-Emissionshandel umfasst sind: also vor allem Handel und Gewerbe. Für diese Branchen soll es ab 2013 (gleichzeitig mit der nächsten Phase des Emissionshandelssystems für Treibhausgase) die Regel geben, dass sie für jede Tonne emittiertem CO2 zwanzig Euro zu bezahlen haben.

CO2-Steuer noch zu fixieren

Wie diese CO2-Steuer genau ausgestaltet werden soll, sei noch Verhandlungssache, sagte Semeta. Er erhoffe sich dadurch aber, dass Schlupflöcher, die es bei dem Handel mit Verschmutzungszertifikaten gegeben habe, geschlossen werden.

Für alle Vorschläge – so sie so kommen, die Verhandlungsphase wird als lang und schwierig erwartet – gibt es weitreichende und nicht immer nachvollziehbare Ausnahmen. So ist die Landwirtschaft von dem 20-Euro-CO2-Aufschlag ausgenommen. Neun osteuropäische EU-Mitglieder müssen die Angleichung der Diesel-Benzin-Steuern nicht durchführen. Auch soll vorgeschlagen werden, dass eventuelle Zusatzeinnahmen aus den Minderalölsteuern sozial schwachen Haushalten zukommen. Eventuelle Ausnahmen bzw. Erleichterungen bei Energiesteuern für Haushalte dürfen aufrechtbleiben.

In Österreich würden damit mittelfristig Steuerprivilegien, die insbesondere der Lkw-Verkehr hat, enden, sagt der Verkehrsclub VCÖ. Seinen Berechnungen zufolge entfallen dem Staat aufgrund der niedrigeren Mineralölsteuer (im Vergleich zu Benzin) jährlich 620 Millionen Euro. (Johanna Ruzicka aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.4.2011)