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Eine gefäßschädigende Kombination: Hoher Salzkonsum und viel Aldosteron.

Graz - Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion besitzen ein stark
erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das bisher noch nicht vollständig erklärbar
war. Grazer Forschern gelang es nun in Zusammenarbeit mit Heidelberger Kollegen, das Rätsel
ein Stück weit zu lösen. Sie konnten zeigen, dass Schäden an Herz und Gefäßen, die durch das
Nebennierenrindenhormon Aldosteron verursacht werden, mit zunehmender Verschlechterung
der Nierenfunktion verstärkt auftreten. Insbesondere erhöht Aldosteron das Risiko für einen
Schlaganfall und einen plötzlichen Herztod. Aldosteron könnte somit ein neuer und gewichtiger
Risikofaktor für erhöhte Sterblichkeit bei Frauen und Männern mit eingeschränkter
Nierenfunktion sein.

Als sich die ersten Lebewesen aus dem Meer ans Land wagten, mussten sie sich an eine völlig
neue Umwelt anpassen. Es mussten Mechanismen entwickelt werden, damit der menschliche
Körper in einer trockenen, salzarmen Umgebung Salz - und damit Wasser - einsparen kann.
Möglich machte dies ein spezifisches Hormonsystem. Einer der wichtigsten Bestandteile dieses
Systems ist das in der Nebennierenrinde produzierte Steroidhormon Aldosteron. Seine
Hauptaufgabe ist die Einsparung von Natrium und Wasser im Körper und die Förderung der
Ausscheidung von Kalium.

Blutdruckregulator Aldosteron

Aldosteron wirkt auf den Salz- und Wasserhaushalt und reguliert somit auch wesentlich den
Blutdruck. Ein absoluter Aldosteronüberschuss gilt heute als die häufigste behandelbare Ursache
eines Hochdrucks. Diese auch als primärer Hyperaldosteronismus bezeichnete Erkrankung findet
man bei etwa fünf bis zehn Prozent der Hochdruckpatienten, also vermutlich bei rund 80.000 bis 160.000 Österreichern. Doch der absolute Aldosteronüberschuss dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein.

In den letzten Jahren kristallisierte sich heraus, dass das Hormonsystem rund um das Aldosteron
durch den westlichen Lebensstil an die Grenzen seiner Regulationsfähigkeit gelangt. Aus mehreren Studien geht hervor, dass die Kombination zwischen hohem Salzkonsum und zu viel Aldosteronzu Gefäß- und Organschäden führt, während bei salzarmer Ernährung - wie beispielsweise Untersuchungen an venezolanischen Yanomami-Indianern zeigen - eine hohe
Aldosteronproduktion vermutlich kaum negativen Auswirkungen hat.

Es zeigt sich daher immer mehr, dass es kaum möglich ist, einen Grenzwert zu definieren, ab
dem Aldosteron zu hoch und schädlich ist, da es immer in Relation zu mehreren Faktoren zu
betrachten ist.

Risikofaktor Aldosteron

Die Grazer Forschungsgruppe rund um Andreas Tomaschitz und Stefan Pilz konnte in
Zusammenarbeit mit Winfried März und Eberhard Ritz (Universität Heidelberg), in einer im Vorjahr veröffentlichten Untersuchung zeigen, dass auch bisher als normal betrachtete Aldosteronwerte unter bestimmten Bedingungen mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfall und plötzlichen Herztod verbunden sind. Soche Vorbedingungen sind schaffen hoher Salzkonsum und oxidativer Stress.

Auf besonders großes internationales Interesse stieß die von den Wissenschaftern untersuchte Rolle von Aldosteron bei Patienten mit Herz-Kreislauferkrankungen: In einem Beitrag, der kürzlich im renommierten New England Journal of Medicine publiziert wurde, berichten Tomaschitz
und Kollegen, dass Aldosteron sowohl bei Koronarer Herzkrankheit als auch bei eingeschränkter
Herzfunktion und Bluthochdruck ein unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor ist.

Jüngste Detail-Ergebnisse

Die nun im American Journal of Kidney Diseases veröffentlichten Untersuchungsergebnisse
ergänzen dieses Bild um eine weitere Facette: Diesmal ging das österreichisch-deutsche
Forscherteam der Frage nach, ob auch eine eingeschränkte Nierenfunktion die schädigenden
Effekte von Aldosteron auf Herz und Gefäße verstärkt. Zu diesem Zweck untersuchten sie die
Daten von 3.153 Teilnehmern der LURIC1-Studie, bei der Männer und Frauen mit
Brustschmerzen einer Koronarangiographie unterzogen wurden. Dabei zeigte sich, dass bei
Patienten, die eine eingeschränkte Nierenfunktion hatten, der Aldosteronwert im Blut ein
unabhängiger Risikofaktor für eine erhöhte Sterblichkeit, insbesondere für plötzlichen Herztod,
war.

Es scheint so zu sein, dass bei einer schlechteren Nierenfunktion bereits Aldosteronwerte,
die herkömmlich noch als normal beurteilt werden, ein kardiovaskulärer Risikofaktor sind. Aus
therapeutischer Sicht ist dieses Ergebnis vor allem aus zwei Gesichtspunkten interessant: Mit
den Aldosteron-Blockern stehen bereits Medikamente zur Verfügung, mit denen die
Hormonwirkung effektiv blockiert werden kann. „Was wir jetzt brauchen, sind Studien, in
denen untersucht wird, ob Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion von einer Hemmung
des Aldosterons profitieren können‘‘, ergänzt Tomaschitz abschließend. (red)