Brüssel - Die neuerliche Ablehnung der Isländer zur Schuldenrückzahlung für die Pleitebank Icesave aus der Staatskasse habe "keinen Einfluss auf die Beitrittsverhandlungen" mit der EU. Erweiterungskommissar Stefan Füle und Binnenmarktkommissar Michel Barnier erklärten am Montag, die Brüsseler Behörde nehme den "negativen Ausgang des Referendums zur Kenntnis".

Angesichts der Wichtigkeit und möglicher Auswirkungen werde die Kommission aber "die weitere Entwicklung im Rahmen der isländischen Verpflichtungen" genau beobachten. Ungeachtet dessen bekenne sich die Kommission aber weiterhin zu den Beitrittsverhandlungen Islands.

Abfuhr

Die Isländer haben in einem Volksentscheid Entschädigungszahlungen für Kunden der bankrotten Icesave-Bank eine deutliche Absage erteilt (derStandard.at berichtete). Rund 60 Prozent stimmten gegen eine von der Regierung ausgehandelte Vereinbarung zur Schuldentilgung an Großbritannien und die Niederlande. Die Wahlbeteiligung fiel mit gut 75 Prozent hoch aus.

Das Icesave-Abkommen hätte die Konditionen für die Rückzahlung von bis zu 3,9 Milliarden Euro an die Regierungen in London und Den Haag festgelegt. Diese hatten vor zweieinhalb Jahren die rund 300.000 Kunden der isländischen Icesave-Onlinebank zunächst im Rahmen ihrer nationalen Bankengarantien schadlos gehalten.

EFTA fordert rasche Klärung

Das Überwachungsorgan der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), die ESA (EFTA Surveillance Authority), hat die Regierung Islands unterdessen aufgefordert, so rasch wie möglich die offenen Fragen zu dem seit Mai vergangenen Jahres anhängigen Verfahren zu beantworten. Die Behörde, die mit der Kontrolle des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) betraut ist, werde anschließend die "weiteren Schritte" abwägen. In der Praxis bedeutet dies, dass Island, wenn es keinen oder keinen zufriedenstellenden Rückzahlungsplan vorlegt, weitere zwei Monate Frist erhält, um den von Großbritannien und den Niederlanden behaupteten Bruch des EWR-Abkommens zu widerlegen beziehungsweise wiedergutzumachen. Andernfalls wird das ordentliche Verfahren beim EFTA-Gerichtshof in Luxemburg weitergeführt.

Reykjavik bekannte sich nach dem Scheitern der Volksabstimmung dazu, die Schulden rückerstatten zu wollen. Dabei zeigte sich die isländische Regierung optimistisch, "langfristig über 90 Prozent" der britischen und niederländischen Forderungen aus der Konkursmasse der Landsbanki befriedigen zu können. Rund ein Drittel der Schuld könne bereits heuer beglichen werden, schrieb die isländische Regierung in einer Aussendung vom Sonntag.

Island ist Mitglied des EWR und bildet gemeinsam mit Norwegen, Liechtenstein und der Schweiz die EFTA. Die Schweiz ist jedoch nicht Mitglied beim EWR und somit auch nicht in das Verfahren gegen Island eingebunden. (APA)