Die "FAZ" nannte ihn einen "großen Interviewkünstler", für die "Süddeutsche" war er ein "Gesprächsmagier": André Müller ist am Sonntag an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben.

Müller, 1946 in Brandenburg geboren, wuchs in Wien auf. Hier startete er auch seine Karriere als Gerichtsreporter der "Krone". Berühmt wurde er für seine Interviews, die in "Spiegel", "Stern", "Zeit", "FAZ" oder "Weltwoche" veröffentlicht wurden, jenes mit Claus Peymann sorgte sogar für einen österreichischen Skandal.

Aufreger Peymann-Interview

"Mit Recht konnten sich durch den Text folgende Personen beleidigt fühlen: die Politiker Kohl, Rau und Waldheim, die Schriftsteller Frisch, Dürrenmatt, Handke, Müller, Kroetz, Strauß und Hochhuth, die Regisseure Grüber, Bogdanov, Dorn, Benning, Schaaf, Tabori und Zadek, die Schauspieler Minetti und Wussow, der Showmaster Carrell, der Fußballer Beckenbauer. Doch gerade die Beleidigten regten sich nicht auf", sagte Müller über das Peymann-Interview. Er hielt es aber nicht für sein bestes - und war erzürnt über seine Folgen: "Ein Theaterdirektor lässt die Hosen herunter, und alle, die ihn schon immer nicht ausstehen konnten, beeilen sich, es ihm nachzumachen."

Ängste und Verzweiflungen auf Tonband

Nicht wenige von Müllers Interviewpartnern versuchten, die Veröffentlichung der Gespräche zu verhindern - hatten sie sich doch dazu hinreißen lassen, ihre tiefsten Ängste und Verzweiflungen auf Tonband auszusprechen. Erika Pluhar etwa kontaktierte nach dem Gespräch umgehend ihren Anwalt, war später von dem Interview aber dennoch begeistert. Franz Vranitzky und Jörg Haider gehörten zu den wenigen Politikern, mit denen Müller sprach, eher konzentrierte er sich auf die Künste: Friedrich Dürrenmatt, Thomas Bernard, Günter Grass, Peter Handke, Elfriede Jelinek. Ein Gespräch mit seiner Mutter, "Man lebt, weil man geboren ist", wurde 1997 am Hamburger Thalia-Theater szenisch uraufgeführt. Für seine Prosatexte wurde er im Jahr 2000 mit dem Ben-Witter-Preis ausgezeichnet.

Letzte Gespräche und Begegnungen

Sein letztes Interview - mit Luc Bondy - erschien im Juli 2010. Im Juli 2011 erscheint das literarische Vermächtnis "Sie sind ja wirklich eine verdammte Krähe! Letzte Gespräche und Begegnungen. Mit einem Vorwort von Elfriede Jelinek" im Langen Müller Verlag. Darin sind noch einmal seine großen Interviews zusammengefasst, die bisher nicht in Buchform erschienen sind, und wurden um bisher unveröffentlichte Texte ergänzt. (sb/APA)