Foto: Gluschitsch
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Honda VFR1200F Doppelkupplungsgetriebe

Motor: V4-Viertaktmotor
max. Leistung: 172 PS @ 10000/min
max. Drehmoment: 129 Nm @ 8750/min
Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplung
Endantrieb: Kardan
Tankinhalt: 18,5 l
Sitzhöhe: 815 mm
Reifen vorne: 120/70 ZR17M/C
Reifen hinten: 190/55 ZR17M/C
Radaufhängung vorne: 43 mm USD-Gabel
Radaufhängung hinten: Pro-Link Aufhängung
Bremsen vorne: C-ABS, 320 mm Doppelscheibe mit Sechskolbenzangen
Bremsen hinten: C-ABS, 276 mm Scheibenbremse mit Zweikolbenzange
Gewicht vollgetankt: 267 kg
Preis: 17.790 Euro

+ sehr gut verarbeitetes Motorrad mit kernigem Motor und faszinierender Schaltung

- das höhere Gewicht durch die Doppelkupplung

Foto: Gluschitsch

Als Teststrecke für die Honda VFR1200F wähle ich die Klapphelmtour. Die Strecke über Kaltenleutgeben nenne ich so, weil dort unter der Woche die Wahrscheinlichkeit unendlich groß ist, auf eine Ansammlung von Motorradfahrer zu treffen, die mit gelupften Helmen und Fliegen zwischen den Schneidezähnen durch die Gegend fetzen.

Nirgendwo ist die Grußquote so hoch wie auf der Klappitour. Nirgendwo sieht man schöner erhaltene Knieschleifer. Gleichzeitig ist die Expertenquote für sportliche Straßenbikes nirgendwo anders so groß wie hier.

Doppelkupplungsgetriebe

Die VFR ist perfekt für die Runde gerüstet. Der kräftige 1237 Kubikzentimeter große V4 mit dem dafür typischen Klang hat genug Power von unten heraus, um sich an die Straßenexperten hängen zu können. Das Drehmomentmaximum von 129 Newtonmeter liegt zwar nominell erst bei 8750 Umdrehungen an, die VFR schiebt aber von unten heraus an, dass ein Klapphelm von alleine aufspringen würde. Mit 172 PS bei 10.000 Umdrehungen fehlt es auch oben heraus nicht an Leistung. Killerfeature der VFR ist aber das Doppelkupplungsgetriebe.

Während ich von einem Komfortangebot ausgehe, an das ich mich erst gewöhnen werde müssen, erkenne ich im System einen praktischen Freund, der beim Spritsparen hilft und beim Fahren die Sinne auf das Wesentliche schärft. Erst mit der Zeit fällt mir ein, dass Sportler immer wieder Schaltunterstützungen probieren, um sich dort Arbeit abnehmen zu lassen. Denken wir an Schaltautomaten auf Supersportlern oder die Rekluse im Offroadbereich. Größter Unterschied zwischen den Schaltautomaten und dem Doppelkupplungsgetriebe, der mir sofort auffällt: Letzteres funktioniert problemlos, und man muss sich nicht lange umgewöhnen. Aber das kennen wir ja schon von den Autos.

Eigentlich liegt der Unterschied zwischen Autos und Motorrädern mit Doppelkupplung wieder in der Anzahl der Reifen. Zwei Kupplungen schalten ohne Zugunterbrechung zwischen den einzelnen Gängen, und die VFR saugt sich wie ein Raumschiff über die Klapphelm-Strecke.

Spritsparen leicht gemacht

Der Spritspareffekt fällt mir ganz nebenbei auf. Lässt man die Automatik arbeiten, rodelt man auf einmal im vierten Gang durch Ortschaften - während man selbst eher in der Zweiten fahren würde. Den Ortsureinwohnern wird das nur recht sein, wenn die Motorräder niedertourig vorbeifahren. Dadurch sind sie dann leiser, und daraus resultiert das subjektive Gefühl, dass die Reibnen langsamer durch den Ort fahren. Eine klare Win-Win-Situation.

Weil die Skepsis trotzdem immer mitfährt, wenn ich Neues probiere, schau ich mir gleich an, wie ich die VFR manuell schalten kann. Legeres Wackeln mit dem Zeigefinger schaltet rauf - der Knopf dafür ist so genial angebracht, dass man sich langes Suchen ersparen kann. Mit dem Daumen schaltet man unterhalb der Hupe und des Blinkers herunter.

Weil ich stets mit ein oder zwei Fingern am Kupplungshebel fahre, fehlt mir die Ablage dafür. Der Zeigefinger ist nicht darauf trainiert, den Lenker zu umfassen und zeigt deshalb immer schelmisch aufs Vorderrad, als wollte er sagen: „Du, du, wenn du nicht hältst!" Die leichten Rutscher wegen des Staubs auf der Strecke habe ich aber beim Beschleunigen am Hinterrad.

M/AT, S und D

Wie ich mich gegen die Klapphelm-Ritter halte? Eh ganz gut. Es dauert nicht lange, bis ich auf zwei Parade-Streckenbenutzer auflaufe. Außerhalb der Ortschaften wähle ich die sportlichere Schaltstufe - an der Bedieneinheit auf der rechten Lenkerseite schaltet man zwischen D wie Drive und S wie Sport um und wechselt zwischen Automatik und manueller Schaltung.

In die Verlegenheit selbst zu schalten, komme ich nicht. Während die beiden Helden vor mir wild im Getriebe rühren und dadurch anscheinend auf die Linie vergessen, habe ich keinen Stress. Ich brauch nur Gas geben und in die Richtung schauen, in die ich will. Ganz entspanntes Cruisen. Nur in den Ortschaften nehmen mir die beiden immer wieder ein paar Meter ab - wir treffen uns dann aber erneut in der nächsten Kurve.

Ab 17.790 Euro hält man sich sein Schaltheinzelmännchen. Dieses drückt aber auch aufs Gewicht: 267 Kilogramm wiegt die Honda VFR mit der Doppelkupplung. Und das ist doch deutlich mehr als der diesbezügliche Klassenprimus - auch wenn das Gewicht wegen des niedrigen Schwerpunktes nicht stört.