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Auch bunte Plastiktonnen können Grund für Streit sein. Oft hat der Migrationshintergrund der Beteiligten nichts mit vorhandenen Konflikten zu tun.

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Murat Düzel leitet das Integrationsservice Niederösterreich.

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Landesrat Johann Heuras will "Brückenbauen".

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"Zwischen Österreichern und Österreichern mit Migrationshintergrund gibt es einen Graben", sagt der niederösterreichische Landesrat Johann Heuras. "Ich will eine Brücke bauen." Seit einem Jahr baut nun die niederösterreichische Landesregierung an dieser Brücke und nannte sie Integrationsservice, eingebettet in die niederösterreichische Landesakademie. Damit will auch das größte Bundesland Österreichs etwas zur Integrationsdebatte beitragen, vergleichbar mit der MA 17 (Integration und Diverstität) in Wien. Der Kopf des niederösterreichischen Projekts und Leiter von sechs Mitarbeitern: Murat Düzel, Österreicher mit türkisch, kurdischen Wurzeln.

Das Integrationsservice will keine vorgefertigten Projekte den Gemeinden aufzwingen, sondern vielmehr Ansprechpartner bei Problemen sein und Initiativen koordinieren und unterstützen. Quasi Hilfe zur Selbsthilfe. Deshalb müssten auch die hauseigenen MediatorInnen von den Gemeinden erst angefordert werden. "Meistens kommt man schnell darauf, dass es sich bei den Problemen in den Gemeinden weniger um Konflikte wegen des Migrationshintergrunds handelt, als vielmehr um ein Missverständnis wegen fehlender Kommunikation", sagt Düzel und gibt ein Beispiel.

Reibungspunkt: Mülltrennung

In einer Gemeinde habe eine Familie mit Migrationshintergrund den Müll nicht getrennt, sondern die Säcke scheinbar wahllos in die verschiedenen Tonnen geworfen. Durch den Mediator kam aber schnell ans Licht, dass es im Heimatort der Familie keine Mülltrennung gegeben hatte und sie deshalb nicht wussten, welcher Müll in welche Tonne gehört.

Die Erstberatung, zwei Stunden, durch die MediatorInnen sei kostenlos. Das Land Niederösterreich würde die Kosten übernehmen. Auch Beratungszeiten von bis zu zehn Stunden würden laut Düzel noch gefördert werden. Mehr Zeit werde so gut wie nie benötigt. Man befinde sich aber gerade in der ersten Evaluierungsphase. Düzel könne aber sagen, dass das Service "gut angenommen" werde. Bereits in 60 Gemeinden konnten MediatorInnen helfen.

Interkulturelle Mitarbeiter an Schulen

Ein weiteres Projekt, das durch das Integrationsservice betreut werde, seien die interkulturellen MitarbeiterInnen in niederösterreichischen Schulen. Das seien Frauen und Männer mit Migrationshintergrund, die den Schulalltag begleiten und Problemen vorbeugen oder sie beseitigen sollen.

Diese Personen sprechen mit den SchülerInnen und Eltern und bauen Vorurteile und Ressentiments ab. Dabei komme es laut Düzel nicht darauf an, dass die interkulturellen MitarbeiterInnen aus demselben Land wie der/die Betroffene stammen. Es sei wichtiger, dass sie aufgrund ihres Migrantionshintergrunds dieselben Erfahrungen im Alltag gemacht haben und so mehr Verständnis für Probleme aufbringen können. "Leider kamen die LehrerInnen von den pädagogischen Hochschulen oft mit einer mangelnden interkulturellen Kompetenz in die Klassen", sagt Heuras.

Und auch Düzel selbst wird bei dem Projekt Xchange selbst aktiv. Bei dieser Initiative besuchen MigrantInnen, die in Österreich voll integriert leben, niederösterreichische Berufsschulen und versuchen das Bild vom "Ausländer" zu ändern. Dabei fungiert Murat Düzel auch als Vortragender. "Es ist faszinierend, wie man die Anschauungen der jungen Menschen bei nur einem Besuch verändern kann", sagt er.

Wünsche an die Zukunft

Deshalb auch sein Wunsch an die Zukunft: "MigrantInnen, die in Österreich gut integriert sind, sollen sich mehr in die öffentliche Debatte einbringen und sich engagieren. Ich denke, dass man viel in den Köpfen bewegen kann, wenn solche Menschen über ihre Probleme und Erfahrungen sprechen." Auch der Landesrat wünscht sich etwas: "Mehr Geld für Projekte", fügt aber schnell hinzu: "Außerdem muss mehr für die Kommunikation zwischen ÖsterreicherInnen mit und ohne Migrationshintergrund getan werden. Um Vorurteile abzubauen, ist Bildung der Schlüssel zum Erfolg." (Bianca Blei, derStandard.at, 13.4.2011)