Wien - Was für eine enorme Bedeutung die großen Flüsse der Erde für das ökologische Gleichgewicht des Planeten spielen, illustriert Helmut Habersack, Professor am Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau an der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) anhand eines eindrucksvollen Beispiels: "Ich habe einmal ausgerechnet, dass die Menge des Sediments, das alle Flüsse im Lauf eines Jahres in die Weltmeere transportieren, aufgeschüttet einen um den Globus laufenden Wall ergeben würde, der bei einem Meter Breite so hoch wie der Stephansdom wäre."

Mehr als 400 Teilnehmer aus 73 Nationen werden von 11. bis 14. April in Wien zur ersten internationalen Konferenz über Probleme und Zukunft der großen Flüsse der Erde erwartet, die auf Initiative von Habersack zustande kam. Neben Amazonas und Donau werden etwa der Kongo, der Gelbe Fluss in China, der Yangtse, aber auch Mekong, Orinoco, Rhein, Mississippi, Nil oder Wolga in den mehr als 550 Abstracts behandelt, die für die viertägige Konferenz im Austria Center Vienna eingereicht wurden. 

Ineinandergreifende Problemkreise

"Durch die verschiedenen Ansprüche und Nutzungen wird der Druck auf die wichtigen Fließgewässer in den letzten Jahren immer größer", betont Habersack. "So geht's nicht weiter." Daher soll auf der Tagung auch eine Deklaration beschlossen werden, mit der globales Problembewusstsein, die Entwicklung geeigneter Maßnahmen und ein integriertes Management eingefordert wird.

Schifffahrt, Wasserkraft, Trinkwassernutzung, aber auch Hochwasserschutz, Bewässerung, touristische Nutzung oder Schotterentnahme setzten den großen Flüssen der Welt immer stärker zu, erläutert der Experte. "All das ist im Einzelnen durchaus in Ordnung, doch sind diese Fragestellungen eng miteinander verbunden. Mit dem Klimawandel und der Bevölkerungsexplosion verschärfen sich die Probleme im globalen Maßstab. Dabei ist die ökologische Funktion der Gewässer auch für den Menschen enorm wichtig."

Simples Ranking nicht möglich

Auf eine Einschätzung, welche Flüsse er am meisten gefährdet sieht, will sich der Wissenschafter nicht einlassen: "Ein Ranking zu machen ist nicht möglich, dazu sind die Probleme zu unterschiedlich." Auch die Situation der Donau stelle sich regional sehr verschieden dar. An der freien Fließstrecke zwischen Wien und Bratislava (Preßburg) müsse "dringend etwas passieren", um die Eintiefung und damit das Absinken des Grundwasserspiegels zu verhindern, so der Experte, der auch das im Vorjahr eingerichtete "Christian Doppler Labor für Flussbau" leitet. Am Unterlauf der Donau stünden eher Fragen des Erhalts der Flussmorphologie oder der Fischwanderung im Zentrum.

Aus diesem Grund sollen die Probleme künftig in einem "World River Forum" diskutiert werden, das als Teil des alle drei Jahre abgehaltenen "World Water Forum" Wissenschaft, Wirtschaft und Politik an einen Tisch bringen soll. Den Anfang soll eine auf der Konferenz beschlossene "Vienna Declaration on the Status and Future of the World's Large Rivers" machen. Sie gibt erstmals einen großen Überblick über die anstehenden Probleme, fordert die Schließung vorhandener wissenschaftlicher Lücken und die Entwicklung von integrativen Managementstrategien für die großen Flüsse und die dazugehörigen Landschaften, die in "Win-win-Lösungen" einen Ausgleich zwischen Nutzung und Schutz gewährleisten sollen. Gleichzeitig wird die regelmäßige Wiederholung der Konferenz angeregt. Die nächste soll 2014 im brasilianischen Manaus am Amazonas stattfinden. (APA/red)