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Foto: APA/EPA/Xhemaj

"Wir Kosovaren haben sogar Google überrascht", so lautet das Bonmot, das zur Zeit im Kosovo kursiert. Denn als am Mittwochabend der Name der neu zu wählenden Präsidentin Atifete Jahjaga in der Öffentlichkeit auftauchte und alle wissen wollten, um wen es sich eigentlich handelt, war auch Google ziemlich ratlos. Jahjaga war bis gestern jenseits von Polizeikreisen ziemlich unbekannt.

Die 35-jährige Juristin, die in Prishtina, Leicester und an der der Universität von Virginia in den USA studierte, wurde vom US-Botschafter im Kosovo, Christopher Dell als Krisenmanagerin und Kompromisskandidatin hervorgezaubert. "Atifete Jahjaga ist heute Früh aufgestanden und hatte keine Ahnung, dass sich ihr Leben ändern wird" , sagte Dell am Mittwochabend. Jahjaga habe aber sofort Ja gesagt. Sie gilt auch nicht gerade als zögerlich.

Bekannte beschreiben sie als bestimmt, entschieden und professionell. Dass eine Frau im patriarchal geprägten Kosovo Präsidentin wird, wird von vielen Geschlechtsgenossinnen nun gefeiert. Jahjaga ist auch Vorstandsmitglied des kosovarischen Frauen-Netzwerks. Ihre Karriere basiert zudem auf Wissen und Fleiß und nicht auf Parteimitgliedschaft.

Jahjaga, die in Gjakove geboren wurde, wuchs in Prishtina auf und ist mit dem Arzt Astrit Kuci verheiratet.Vor elf Jahren trat sie der Kosovo-Polizei bei, die von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mitaufgebaut wurde und stieg ziemlich schnell in die Führungsebene auf. 2005 und 2007 durchlief sie FBI-Trainings. 2010 war die Vize-Polizeichefin nach dem Rücktritt ihres Vorgesetzten sogar für einige Monate die höchste Polizeivertreterin des Kosovo.

Als Symbol für das Bekenntnis zur Rechtsstaatlickeit könnte sie nun nach dem unerfreulichen Intermezzo des Kurz-Zeit-Präsidenten Behgjet Pacolli, nach Wahlfälschungen und Mafiavorwürfen eine Imageverbesserung erreichen. Ihr Asset ist jedenfalls ihre Überparteilichkeit, ihr größtes Manko die fehlende politische Erfahrung.

Jahjaga muß als Präsidentin quasi ihre eigene Position abschaffen. Denn durch eine Verfassungsänderung soll künftig der Staatschef direkt vom Volk gewählt werden. In eineinhalb Jahren könnte sie dann aber nochmals antreten. Die Wahl am Donnerstag war dagegen ein Kinderspiel: Die zweite Kandidatin Suzane Novoberdal wurde nur aufgestellt, um der Verfassung diesmal zu genügen. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 8.4.2011)