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Mit Höschen für den Cavaliere: Pro-Berlusconi-Anhänger griffen zu ungewöhnlichen Utensilien, um ihrem Idol vor dem Mailänder Gericht gewissermaßen den Rücken zu stärken.

Foto: AP/dapd/Luca Bruno/

Silvio Berlusconis Mehrheit im italienischen Parlament gibt sich alle Mühe, die Prozesse des Premiers in die Länge zu ziehen. Die Mailänder Richterinnen vertagten am Mittwoch jenes Verfahren, in dem es um Prostitution geht.

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Der Prozess im Fall Ruby könnte zu Ende sein, noch bevor er richtig begonnen hat. Rund 100 Vertreter internationaler Medien, die nach zweistündiger Wartezeit im Gerichtssaal Platz nehmen durften, konnten am Mittwoch Einblick in die levantinischen Gepflogenheiten italienischer Justiz gewinnen. Nach sechs Minuten wurde der Prozess auf 31. Mai vertagt. Auch der zweite Tag wird nur der Klärung formalrechtlicher Fragen dienen, etwa der Feststellung, dass sich Karima El Mahroug alias Ruby dem Verfahren nicht als Nebenklägerin anschließt. Somit bleibt vor der Sommerpause vielleicht noch ein Verhandlungstag, an dem der Hauptangeklagte Silvio Berlusconi nicht verhindert ist und möglicherweise geklärt werden kann, ob er Sex mit der seinerzeit minderjährigen Prostituierten hatte.

Die drei Richterinnen befinden sich in keiner beneidenswerten Lage: 20 Stunden vor Prozessbeginn hat die Abgeordnetenkammer beschlossen, ihre Zuständigkeit beim Verfassungsgericht anzufechten. Damit schwebt nun das Damoklesschwert der Ungültigkeit über dem Ruby-Prozess. Die Kammer muss ihren Beschluss jetzt in die Tat umsetzen und einige Anwälte mit dem Einspruch betrauen. Dann hat das Verfassungsgericht 60 Tage Zeit, um die Richter in Kenntnis zu setzen und ihnen einen Rekurs gegen den Beschluss des Parlaments zu ermöglichen. Ob der Einspruch überhaupt zulässig ist, wird das Verfassungsgericht erst im Herbst entscheiden. Eine Zulassung gilt jedoch als wahrscheinlich.

Mit dem Urteil der Verfassungsrichter ist nicht vor Ablauf eines Jahres zu rechnen. Gibt es dem Einspruch statt, sind alle bisherigen Ermittlungen hinfällig und ein aus drei ausgelosten Richtern bestehendes "Ministertribunal" wird den Fall übernehmen. Entscheidender Unterschied: Für die Eröffnung eines Verfahrens benötigt es eine Genehmigung des von Berlusconi dominierten Parlaments. Den Richterinnen steht es frei, die Verhandlung fortzusetzen. Sie bis zur Entscheidung des Höchstgerichts zu vertagen, liegt jedoch nahe.

Bereits in wenigen Tagen wird das Parlament mit der Verkürzung der Verjährungsfristen versuchen, auch die anderen drei Prozesse auf Eis zu legen. Vorsichtshalber bereitet das Rechtsbündnis zwei weitere Tretminen für die "roten Roben" vor. Ein Gesetz soll die Verwendung von Telefonmitschnitten bei Prozessen verbieten. Ein anderes will Richtern Ermittlungen gegen Regierungsmitglieder kurzerhand untersagen.

Indes wurden neue Telefonmitschnitte öffentlich. Eine junge Russin etwa ersucht den Premier darin um Geld: "Amore, mir ist das Benzin ausgegangen." (Gerhard Mumelter aus Rom /DER STANDARD, Printausgabe, 7.4.2011)