Erdbeben, Tsunami, Atomkatastrophe - acht junge JapanerInnen berichten über ihren Umgang mit den Ereignissen der vergangenen Wochen

Ayaka: "Ich arbeitete gerade bei dem Nachrichtensender NHK in Tokio, als das Erdbeben kam. Viele meiner Kollegen sollten dann für zehn Tage nicht mehr nach Hause kommen. Mein Respekt gilt all jenen Menschen, die trotz ihrer Angst vor Nachbeben und ihrer Sorge über Familienmitglieder weiter zur Arbeit gingen, um das System aufrecht zu erhalten. Ich habe recht bald versucht, mit meinem Leben weiter zu machen. Ich habe zuerst zwei von drei Urlauben abgesagt, viele meiner Freunde sind in den Westen gefahren, doch langsam kehrt Normalität ein. Die Angst vor der radioaktiven Wolke - gerade weil so etwas über unsere Vorstellungskraft reicht - und die ständigen Stromabschaltung und -einsparungen, sowie Lebensmittelknappheiten verändern das tägliche Leben."

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"Pillow": "Ich habe nur wenige Wochen nach dem Erdbeben den Einstieg ins Berufsleben gemacht, was mich auf neue Gedanken brachte. Japan war immer schon gut im Teamwork und deswegen werden wir alle gemeinsam das Beste geben, um aus dieser schlimmen Lage zu kommen."

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Yuki: "Ich befand mich in einem Aufzug nach unten, als es plötzlich zu rütteln begann. Ich werde den 11. März nie vergessen. Nachdem das Problem mit dem Atomkraftwerk auftauchte, hat mein Vater, der in Deutschland arbeitet, meine Mutter und mich aufgefordert, nach Osaka zu flüchten. Drei Wochen später bin ich nun wieder in Tokio. Wasser und Toilettenpapier waren eine Zeit lang knapp, weil sich alle damit eindeckten."

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Masotoshi: "Wir mussten in dieser Krise lernen, dass die japanische Geduld allein nicht mehr ausreicht, um sie zu überwinden. Wir sind auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Leider ist die Krise noch nicht überstanden, vor allem für jene, deren ganze Region zerstört ist. Auf der anderen Seite eint dieser Umstand auch das ganze Land Japan - oder vielmehr, die ganze Welt, denn im schlimmsten Fall sind alle betroffen. Wir sind dankbar für die Hilfe."

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Ryosuke: "Ich denke mindestens einmal am Tag an all die Opfer. Eine Person allein hat nicht viel Kraft, aber wenn wir uns jeden Tag ein bisschen mehr mobilisieren, können wir wieder stärker werden. Japan wird sich große Mühe geben, braucht aber unbedingt Hilfe aus dem Ausland."

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Noriko: "Auf diesem Bild habe ich armen Familien in China geholfen, Häuser zu bauen. Ich will damit zeigen, dass es mehrere Hände braucht, um etwas aufzubauen. Gerade jetzt sollte niemand in Japan allein dastehen."

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Hiroki: "Oberflächlich betrachtet hat sich unser Leben in Tokio nicht sehr verändert seit dem 11. März. Die Stadt hat sich überraschend schnell erholt, sogar die Lebensmittelknappheit hat man wieder in den Griff bekommen. Ich denke, jeder hat Angst vor dem, was von Fuhushima kommen könnte. Wir wissen, dass wir nicht fliehen können, also benehmen wir uns so, als wenn nichts passieren wäre. Für mich persönlich war sehr schlimm, dass man unsere Sponsionsfeier an der Waseda Universität abgesagt hat. Es wäre jenes feierliche Ereignis gewesen, auf dem ich mich von einem Lebensabschnitt verabschiedet und mit Elan einen neuen begonnen hätte."

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Makie: "Drei Wochen nach dem Erdbeben bin ich fast zu meinem alten Leben zurückgekehrt, doch die Stimmung ist gedrückt. Drei Stunden am Tag muss ich ohne Elektrizität auskommen und das ist schwerer, als ich es mir vorgestellt habe. Manche Geschäfte haben auch verkürzte Öffnungszeiten, um Energie zu sparen. Die Angst vor der Radioaktivität ist natürlich auch da. Nach dem 11. März waren Supermärkte vollkommen ausgeräumt (siehe Foto). Aber es gibt nicht nur schlechte Nachrichten. Menschen helfen einander mit so viel Rücksicht, Hilfe und Freundlichkeit, wie ich es noch nie erlebt habe. Nicht nur im Inland, sondern auch aus dem Ausland. Wir bewegen uns jetzt in eine bessere Zukunft, weil wir wissen, dass wir nicht allein dastehen." (Valentina Resetarits, derStandard.at, 4.4.2011)

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