Der bitterste Moment im Halbfinale: Pavel Nedved fängt sich vollkommen unnnötig eine Gelbe Karte ein.

Turin - Juventus Turin hat am Mittwoch in der Fußball-Champions-League Real Madrid auf den Boden der Realität zurückgeholt und den Titelverteidiger entthront. Nach dem 3:1-Heimsieg im Semifinal-Rückspiel und dem damit verbundenen Aufstieg ins Endspiel gegen den AC Milan machten die Juve-Kicker die Nacht zum Tag, während die Real-Stars vom Rasen des Stadio delle Alpi schlichen.

Finale am 28. Mai

Nun fiebern die Tifosi schon ungeduldig dem 28. Mai entgegen, wenn in Manchesters Old Trafford das erste rein italienische Finale der Königsklasse steigt. Dabei müsste Milan nach der Turiner Gala eigentlich Angst und Bange werden. Spielfreudig wie selten führte Juventus die Madrilenen vor und die spanischen "Catenaccio"-Vorwürfe ad absurdum. "Nach diesem 3:1 werden die spanischen Zeitungen ihre Angriffe gegen den italienischen Fußball überdenken müssen", sagte Juve-Ehrenpräsident Umberto Agnelli voller Genugtuung.

Nedveds Blackout

Inmitten des Jubels war nur Pavel Nedved zum Heulen zumute. Der überragende Mittelfeldmotor wurde zur tragischen Figur, nachdem ihn eine unnötig eingehandelte Gelbe Karte die Final-Teilnahme gekostet hatte. Der Tscheche hatte wenige Minuten vor Schluss im Niemandsland den Engländer McManaman von hinten gelegt und zudem noch kurz nachgetreten. Als Nedved sein Blackout bewußt wurde, schlug er die Hände im Gesicht zusammen, nach dem Spiel hatte er wohl nicht nur Freudentränen in den Augen. "Dieses Endspiel war mein Traum", stammelte der Tscheche, der beim Schlusspfiff verzweifelt zusammengesackt war, nach dem Spiel. "Dass Pavel im Finale fehlt, ist der einzige Wermutstropfen dieses Spiels", empfand Juve-Coach Marcello Lippi Mitleid mit seinem Star.

Sündenbock Hierro

Bei den stolzen Spaniern geht nach dem doch etwas überraschenden Exodus nun sogar die Angst um, am Saisonende ohne Titel dazustehen. "Wir hatten bis zum Schluss Chancen. Ich glaube nicht, dass wir schlecht waren - wir haben einfach nur gegen einen starken Gegner gespielt", sagte Real-Trainer Vicente del Bosque, der mittlerweile selbst in die Kritik geriet. So bemängelte Klub-Präsident Florentino Perez die Aufstellung seines Betreuers ebenso wie spanische Medien, die lautstark den Abgang des alternden und am Mittwoch heillos überforderten Hierro forderten.

Zidane als guter Verlierer

Doch nicht nur in der Abwehr, auch in der viel gepriesenen Offensiv-Abteilung der Madrilenen lief es in Turin alles andere als nach Wunsch. Raul war nach seiner Blinddarm-Operation noch nicht der Alte, der eingewechselte Ronaldo nach der Muskelverletzung ebenfalls noch nicht topfit und Figo krönte seine desaströse Leistung mit einem kläglich verschossenen Elfer beim Stand von 0:2. "Wir müssen einfach akzeptieren, dass Juventus heute viel besser war als wir", meinte der frühere Juve-Kicker Zidane, der wie seine Teamkollegen unter seinen Möglichkeiten blieb.(APA/dpa/Reuters/AFP)