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Wien - Äußerst unterschiedliche Auswirkungen haben die lange Krise und der kurze Krieg um den Irak auf die Volkswirtschaften des Nahen und Mittleren Ostens gezeitigt: Während etwa die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und wahrscheinlich auch Jordanien von einer Stabilisierung der Verhältnisse am Golf profitieren werden, dürfte die Krise Ländern wie Syrien oder Ägypten noch länger zu schaffen machen. Die anhaltend unsichere Lage im Irak und das Fehlen klarer Verantwortlichkeiten macht es noch unmöglich, Geschäfte anzubahnen, meint Franz Schröder, der österreichische Außenhandelsdelegierte in Bagdad.

Fehlende Ansprechpartner

"Im Moment weiß niemand so richtig, wie's weiter geht", sagte Schröder am Dienstag in Wien. Zwar habe die Wirtschaftsvertretung in Bagdad mit irakischen Mitarbeitern bereits einen sehr eingeschränkten Betrieb aufgenommen, er selbst werde aber erst im Juni auf zunächst zwei bis drei Wochen in das Zweistromland zurückkehren: "Es hat keinen Sinn, unten zu sein, wenn man keine Ansprechpartner hat." Keiner seiner internationalen Kollegen sei derzeit bereits in den Irak zurückgekehrt.

Schröder nahm an einer Außenhandelstagung der Wirtschaftskammer teil, die sich mit dem Nahen und Mittleren Osten sowie Afrika beschäftigte - mit insgesamt 71 Ländern, mit denen Österreich freilich weniger als drei Prozent seines Außenhandels abwickelt. Die Alpenrepublik lieferte im vergangenen Jahr um 1,9 Mrd. Euro in die Länder des Nahen Ostens und Afrika und bezog aus den beiden Regionen Güter um 1,7 Mrd. Euro. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr um etwa 77 Mrd. Euro aus- bzw. eingeführt.

VAE dürften profitieren

Vom Wiederaufbau im Irak werden nach Meinung des Handelsdelegierten in Abu Dhabi, Nikolaus Seiwald, ohne Zweifel die Vereinigten Arabischen Emirate profitieren, auch Kuwait wird Nutznießer sein - durch den Wegfall der Bedrohung aus dem Irak sowie durch eine Belebung seiner Rolle als regionales Umschlag- und Transitzentrum. Auch Jordanien könnte vom Wiederaufbau im Irak Vorteile ziehen, meint Kurt Altmann, der Handelsdelegierte im syrischen Damaskus, der Jordanien mitbetreut. Wenn entsprechende Garantien und Finanzierungen vorhanden sind, könnte der Irak von Jordanien aus mit Waren aus der Leichtindustrie versorgt werden, der Transportbereich hat ebenfalls gute Aussichten.

Weniger positiv fällt die wirtschaftliche Bilanz des Irak-Kriegs für Syrien selbst aus. Syrien hat bis zum Sturz des Regimes von Saddam Hussein billiges Erdöl aus dem Irak bezogen und als Drehscheibe für den (völkerrechtlich weitgehend illegalen) Außenhandel des mit Sanktionen belegten Irak gedient. Das Wirtschaftswachstum wird wegen des Wegfalls dieser Faktoren heuer einen deutlichen Dämpfer erleiden, Syrien wird sich nach dem Ende des Irak-Kriegs "in jeder Hinsicht neu ausrichten müssen", meint Altmann.

Ägypten mit Problemen

Ökonomische Probleme hat der Irak-Krieg - aber nicht dieser allein - auch Ägypten gebracht. Die Tourismuswirtschaft, die sich gerade vom Einbruch nach dem 11. September 2001 erholt hatte, wurde durch den Krieg im Irak erneut belastet. Die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr deckten in Normaljahren mit etwa 3,8 Mrd. Dollar etwa die Hälfte des ägyptischen Handelsbilanzdefizits ab.

Ein regelrechter "Run" hat im vergangenen Jahr von Westeuropa aus auf den Iran eingesetzt. Italiener und Franzosen exportierten 2002 um 30 bzw. 50 Prozent mehr in den islamischen Gottesstaat, dessen Wirtschaft um rekordverdächtige 6,5 Prozent wuchs. Als Folge davon verloren österreichische Firmen Marktanteile, sagt Karl Hartleb, Handelsdelegierter in Teheran. Dennoch war der Iran mit einem Exportvolumen von 220 Mio. Euro auch 2002 der größte Außenhandelspartner in der Region. (APA)