Chinas Polizei hat den weltbekannten Konzeptkünstler Ai Weiwei an seinem Abflug nach Hongkong gehindert und am Flughafen Peking mit unbekanntem Ziel abgeführt. Der 53-Jährige wurde, wie die chinakritsche US-Webseite „Boxun" meldete, am Sonntag morgen gegen 9.30 Uhr nach seinem Einchecken auf dem Pekinger Airport von Polizei festgenommen. Bekannte von Ai Weiwei hätten gesehen, dass er, gleich nachdem er den Zoll passierte, abgeführt wurde. Zuvor war er von seinem Assistenten, der mit ihm reiste, getrennt worden. Ein Nachbar Ai Weiweis twittere auf seinem „Sina"-Microblog, dass kurz nach Sonntagmittag Polizisten in AI Weiweis Anwesen Caochangdi Nr. 258 offenbar zur Hausdurchsuchung eingedrungen seien. Der Microblog-Eintrag wurde kurz danach gelöscht. Bis Sonntag Nachmittag konnte Ai Weiwei über seine Mobil-Telefonnummer nicht erreicht werden. Eine Tonbandstimme sagte immer nur, dieser Anschluss sei „vorübergehend nicht erreichbar."

Noch vergangenen Mittwoch hatte der politisch engagierte, sich zunehmend systemkritisch äußernde Künstler in einem Gespräch mit dem Standard gesagt, dass ihn auch sein Weltruhm als Künstler nicht schützen würde. „Chinas Behörden gegen zur Zeit systematisch gegen alle vor, die ihnen politisch nicht passen. Auch mir kann jederzeit etwas passieren." In Shanghai wurde ihm im Februar sein Atelier abgerissen. „Im März wurde meine Werkausstellung in Peking verboten. Vor meinem Pekinger Atelier sind zwei Überwachungskameras installiert. Mein Telefon wird abgehört, meine Mikroblogs überwacht." Sicherheitspolizisten suchten ihn regelmäßig zu Verwarnungen auf und übten Druck auf seine Bekannten und Freunde aus. Täglich fragten ihn Bekannte, „warum ich noch nicht in Haft bin. Haben sie dich noch nicht erwischt." Am 2. April morgens hatte Ai Weiwei in seinem Microblog „Aihali" geschrieben: „In den vergangenen zwei Tagen sind in mehreren Einsätzen zusammen über 20 Polizisten bei mir zu Hause ein- und ausgegangen." Er merkte spöttisch an: „In Caochangdi Nr.258 geht es bald wie in Libyen zu."

Das Vorgehen der Polizei gegen Ai Weiwei kommt einen Tag nach dem Abflug von Bundes-Außenminister Guido Westerwelle aus Peking. Westerwelle hatte eine von drei deutschen Museen arrangierte Großausstellung „Die Kunst der Aufklärung" als feierlichen Staatsakt im neuen Nationalmuseum Pekings eröffnet. Auf einem dazugehörenden Dialogforum am Montag hatte er die Hoffnung geäußert, dass China lernt, mit kritisch Andersdenkenden tolerant umzugehen. „Eine lebhafte, kritische Öffentluchkeit ist für Regierende nicht immer erbaulich. Das war zu Zeiten der Aufklärung so, und das ist heute so." (Johnny Erling, Peking, derStandard.at, 3.4.2011)