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Ständige Kopfschmerzen bei Kindern wachsen sich nicht aus, wie viele meinen.

Frankfurt - Wiederholt auftretende Schmerzen bei Kindern sollten nicht bagatellisiert, sondern behandelt werden. Das fordert der Hamburger Pädiater Raymund Pothmann in einer Pressekonferenz am Deutschen Schmerz- und Palliativtag. "Chronische Schmerzen nehmen bei Kindern ständig zu. Schon über 200.000 Kinder allein in Deutschland leiden an starken wiederkehrenden Migräneattacken und fast jedes zweite Grundschulkind hat Spannungskopfschmerz. Häufig übersehen werden auch Rückenschmerzen und Rheuma."

Chronifizierung droht

Ständige Schmerzen bei Kindern wachsen sich nicht aus, wie viele meinen. Studien zufolge kämpft jedes zweite Kopfschmerzkind Jahrzehnte mit seinem Leiden. Frühe Schmerzreize hinterlassen dabei eine Gedächtnisspur im Gehirn, die auch Jahre später noch aktiv sein kann. Ohne ausreichende Versorgung könne Schmerz schnell chronisch werden, gerade bei Kindern ortet Pothmann jedoch katastrophale Zustände. "Normale psychosomatische Kliniken sind mit der Versorgung kindlicher Schmerzpatienten überfordert. Für ihre stationäre Versorgung gibt es jedoch deutschlandweit nur ein Zentrum", so der Hamburger Kinderschmerzspezialist.

Migräne medikamentös behandeln

Bei Kindern mit starken, chronischen Kopfschmerzen rät der Mediziner die Abklärung beim Kinderneurologen. Speziell wenn es in der Familie erbliche Vorbelastung gibt, könne dieser einen Gehirntumor ausschließen. "Behandeln sollte man akute Migräneattacken bei Kindern möglichst früh mit Medikamenten", betont Pothmann. Zum Einsatz kommt dabei Ibuprofen, das bei Kindern mehr Wirkung zeigt als Paracetamol in vergleichbarer Dosis, darüber hinaus ist ab zwölf Jahren der Nasenspray Imigran zugelassen.

"Migräne ist immer biologisch bedingt. Ob das Leiden ausgelöst wird oder nicht, entscheidet die Lebensführung", stellt Pothmann klar. Ärger, Schulstress, Familienstreit, Schlafprobleme oder auch das Wetter können Einfluss haben, andere denkbare Schmerzursachen sind jedoch auch niedriger Blutzucker, die Ernährung, lange Bildschirmzeiten oder mechanischer Druck durch Haarreifen oder Schwimmbrillen. Um die Auslöser zu finden, empfiehlt der Experte, ein Schmerztagebuch zu führen.

Keine Medikamente bei Spannungskopfschmerz

Anders ist die Situation beim Spannungskopfschmerz. Kinder sollten hier möglichst ohne Medikamente auskommen, um eine Chronifizierung vorzubeugen. Je nach Einzelfall zeigen Entspannungsübungen, Schlafrituale, verbesserte Ernährung, Hypnotherapie oder reduzierter Medienkonsum Erfolg, zudem vermitteln Gruppenangebote Strategien wie erhöhtes Selbstbewusstsein, Ablenkung oder Umdeutung vom Schmerz. "Ziel ist es, dass Kinder möglichst unabhängig von den äußeren Bedingungen werden." Ähnliche nicht-medikamentöse Behandlungen sind auch beim chronischen Bauchschmerz erste Wahl.  (pte)