Wien - Intensive internationale Bemühungen im Kampf gegen Tuberkulose (Tbc oder TB) und HIV haben in den vergangenen Jahren weltweit zu einer Eindämmung der Neuinfektionen geführt. Trotzdem bleibt die TB mit 9,4 Millionen Neuerkrankungen im Jahr 2009 die weltweit am häufigsten zum Tode führende heilbare Infektionskrankheit. "Weiterhin sterben rund 1,7 Millionen Menschen pro Jahr an TB, das sind ca. 4.600 Menschen pro Tag", stellte jetzt die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) aus Anlass des bevorstehenden Welt-Tuberkulose-Tages am 24. Februar, in einer Aussendung fest.

Österreich ist in einer positiven Situation. "Hier bleibt die Zahl der Neuerkrankungen mit leicht fallender Tendenz auf niedrigem Niveau", erklärte der neue Leiter des Arbeitskreises "Infektiologie und Tuberkulose" der Fachgesellschaft, Holger Flick, Oberarzt an der Klinischen Abteilung für Lungenkrankheiten an der MedUni Graz.

Krankheit der sozial Benachteiligten

Im Vergleich zu 2008 erkrankten in Österreich im Jahr 2009 mit 700 Neuerkrankungen um 130 Menschen weniger an TB als im Jahr davor. Im Jahr 2010 waren es 721, aber das sind noch vorläufige, keine abgesicherten Daten. Sie könnten noch um rund fünf Prozent nach unten oder nach oben korrigiert werden. Österreich ist damit ein Land mit geringer Häufigkeit der Erkrankung, so Flick. Allerdings sind bedauerlicherweise bestimmte Bevölkerungsgruppen öfter betroffen. Unverändert handelt es sich bei knapp der Hälfte der Patienten um Menschen mit Migrationshintergrund. Tuberkulose war schon immer eine Krankheit der Armen, sozial Benachteiligten, Migranten und Kriegsopfer.

Flick: "Es gilt nach wie vor, dass die Zahl der TB-Erkrankungen in jenen Ländern steigt, in denen Armut, Krieg und politische Instabilität herrschen. Dort sterben an dieser prinzipiell heilbaren Infektion mehr Menschen als in anderen Ländern. Weltgesundheitspolitisch ist die TB ein Indikator für Armut, Elend und Unterernährung."

Antibiotika-resistenten Fälle

Bedeutsam auch für Österreich ist die Zahl der Antibiotika-resistenten Fälle. "Die Therapie multiresistenter (MDR-TB) und extrem resistenter (XDR-TB) Erreger ist deutlich komplizierter, langwieriger und außerdem mit mehr Nebenwirkungen behaftet", betonte Flick. Sie verursache hohe Therapiekosten und trotz aller Bemühungen "kann in Einzelfällen eine Heilung nicht immer erreicht werden".

In Österreich wurden im Jahr 2008 13 MDR- und vier XDR-TB-Patienten, im Folgejahr (2009) 19 MDR- und zwei Menschen mit XDR-TB behandelt. Die meisten dieser Patienten stammen aus ehemaligen Sowjetrepubliken, wo laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einigen Regionen der Anteil von MDR-TB-Fälle bei den Neudiagnosen im Jahr 2010 bei bis zu 22 Prozent lag. "Daran zeigt sich, dass die internationale TB-Situation direkte Auswirkungen auf die nationale Situation in Österreich hat. (...) Die Tuberkulose-Häufigkeit muss weiter reduziert und die Ausbreitung von Antibiotika-resistenter TB in Österreich in jedem Fall verhindert werden."

Fortschritte in der Diagnostik

Österreich ist dafür gut aufgestellt: Die Behandlung erfolgt in spezialisierten und sehr erfahrenen Zentren. Seit 2009 werden alle Fälle auch über ein elektronisches Meldesystem erfasst, es gibt eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten, TBC-Fürsorgestellen, der TB-Referenzzentrale und dem Gesundheitsministerium. In diesem Zusammenhang verwies Flick auch darauf hin, dass es vor allem in der Diagnostik viele wissenschaftliche Fortschritte gibt.

Konkret nannte der Fachmann die Interferon-gamma Release Assays (kurz IGRAs), die vor allem bei Umgebungsuntersuchungen nach Kontakt mit ansteckender Lungen-TB helfen, infizierte, aber noch nicht erkrankte Kontaktpersonen frühzeitig zu erkennen und einer prophylaktischen Therapie zuzuführen. Als sehr effektiv bezeichnete Flick auch neue molekularbiologische Techniken. So können moderne PCR-Geräte bereits wenige Stunden nach Abgabe einer Sputumprobe die Krankheit erkennen und zusätzlich sogar sofort multiresistente Erreger identifizieren. (APA)