Grafik: DER STANDARD

Linz - Österreich hat drei gleich kleine (ehemalige) Großparteien - und eine Bevölkerungsmehrheit, die keinen geeigneten Kanzler sieht. Das ist das Bild, das die jüngste Umfrage des Linzer Market-Instituts für den Standard zeichnet. Demnach sagen 58 Prozent, dass sie keinen der Parteichefs als Kanzler sehen wollen.

Nie vorher hat es ein so vernichtendes Image der Parteichefs gegeben: Selbst den amtierenden Bundeskanzler Werner Faymann würden in einer (fiktiven, weil von der Verfassung nicht vorgesehenen) Direktwahl nur 15 Prozent wählen, den Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll zwölf und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zehn Prozent. Grünen-Chefin Eva Glawischnig kommt nur bei vier Prozent der Wahlberechtigten an - ein scharfer Kontrast zu ihrem Vorgänger Alexander van der Bellen, der in der Ära Schüssel Werte nahe jenen des damals amtierenden Kanzlers Wolfgang Schüssel hatte. Und Schüssel, der seinen politischen Gegnern verhasst war und auch in der eigenen Partei keine ungeteilte Liebe genossen hat, konnte stets über 20 Prozent in der Direktwahlfrage verbuchen - weit mehr als der weniger kontroversielle Faymann heute hat.

Market-Chef Werner Beutelmeyer weist darauf hin, dass ein Blick in die Parteiwählerschaften der einzelnen Kandidaten lohnt - auch wenn die Fallzahlen nur unscharfe Aussagen ermöglichen, kann man davon ausgehen, dass die deklarierten Parteiwähler kaum hinter den Spitzenkandidaten stehen. Am ehesten kann noch Faymann die roten (und einige grüne) Wähler hinter sich versammeln, Pröll und Strache kommen aber nur bei jedem zweiten ihrer Parteiwähler an. Beutelmeyer: "Es ist verkürzt, die FPÖ-Anhänger als Strache-Fans zu sehen, das trifft nur auf einen Teil zu. Sehr viele FPÖ-Wähler wollen keinen der angebotenen Kandidaten ihr Vertrauen schenken, die sind wenn schon nicht politikverdrossen, so doch politikerverdrossen. Das wiederum ist nicht nur ein Phänomen in der FPÖ, sondern trifft ähnlich auch für andere Wahlberechtigte zu, die nicht die Koalitionsparteien wählen."

Oppositionelle Haltung sei in Österreich eine Opposition gegen das politische Establishment, auch gegen jenes der Parteien, die man eventuell wählen würde.

Das führt zur sogenannten Sonntagsfrage, welche Partei gewählt würde, wenn am kommenden Sonntag Wahlen wären. Genau genommen besteht diese Frage aus mehreren Fragen - es kommen nämlich noch die Nachfragen an Unentschlossene dazu und die für die Hochrechnung notwendige Rückerinnerungsfrage, welche Partei man denn bei der letzten Wahl 2008 gewählt hat.

Laut der Umfrage aus der Vorwoche (vor dem Bekanntwerden des Umfangs der Affäre Strasser) zeigt sich, dass die FPÖ derzeit in den Rohdaten bereits die meistgenannte Partei ist - hochgerechnet kommen die SPÖ und die ÖVP auf jeweils 27 Prozent, die FPÖ liegt fast gleichauf bei 26, und die Grünen sind seit Monaten weit abgeschlagen bei zwölf Prozent. Das BZÖ kommt auf fünf, Splitterparteien kommen auf drei Prozent. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 23.3.2011)