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Teamspielerin Viktoria Schnaderbeck (li.) musste noch im Ausland lernen.

Foto: Standard/EPA/Luis Forra

Wien - "Ich weiß, dass man das Wort zurzeit nicht unbedingt in den Mund nehmen sollte. Aber du hast für unser Projekt wirklich gut lobbyiert." Niederösterreichs Fußball-Präsident Johann Gartner sagte das zu Leo Windtner, dem Präsidenten des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB). Und weil die Lobby-Arbeit Windtners bei politischen Entscheidungsträgern gefruchtet hat, wurde am Montag in Wien das erste "Nationale Zentrum für Frauenfußball" präsentiert.

Die in St. Pölten beheimatete Akademie nimmt bereits ab dem nächsten Schuljahr den Betrieb auf. Gestartet wird mit rund 20 Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren. Sie erhalten eine mit dem laufenden Schulbetrieb abgestimmte fußballerische Ausbildung. Ziel ist es, pro Schuljahr die besten zehn bis fünfzehn Fußballerinnen eines Jahrgangs aufzunehmen, wobei weiterhin auch talentierte ältere Mädchen von anderen Schulen in die Akademie wechseln können. Die Kickerinnen können zwischen einem Bundesoberstufenrealgymnasium mit Matura als Abschluss einer fünfjährigen Schulausbildung oder einer Bundeshandelsschule für Leistungssportlerinnen wählen.

Realisierung einer Vision

"Das ist die Realisierung einer Vision, die wir seit Jahren haben", freute sich ÖFB-Präsident Windtner. Als sportlicher Leiter des Zentrums fungiert Ex-Admira-Coach Dominik Thalhammer.

"Ich hätte gerne eine Frau an dieser Position gesehen", verteidigte ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner die männliche Bestellung. "Aber es gibt in Österreich keine Dame, die wie Thalhammer eine Uefa-Profi-Lizenz in der Trainerausbildung vorzuweisen hat." Sportminister Norbert Darabos (SPÖ) erwähnte, dass der Schulterschluss zwischen Politik und ÖFB für dieses Projekt "über die normale Bundessportförderung" hinausgehe, was auch der steigenden Popularität von Frauen-Fußball geschuldet sei. Beim ÖFB sind 17.000 Spielerinnen gemeldet, 350 Damen-Teams stehen im Meisterbetrieb. Vor neun Jahren waren es nur rund 70 Mannschaften.

Bisher war für die talentiertesten Fußballerinnen des Landes im Alter von 15 Jahren Schluss mit der ballesterischen Ausbildung. "Wir mussten den Kickerinnen raten, ins Ausland zu gehen", sagte Ruttensteiner. So spielen derzeit mit Virginia Kirchberger, Nadine Prohaska, Sarah Puntigam, Viktoria Schnaderbeck, Sonja Spieler und Carina Wenninger gleich sechs ÖFB-Teamspielerinnen bei Bayern München.

Mit dem Zentrum in St. Pölten ist aber jetzt eine durchgehende Ausbildungsschiene in Österreich sichergestellt. Ruttensteiner: "Wenn es gelingt, unsere besten Kickerinnen nach St. Pölten zu bringen, haben wir die Gelegenheit, tagtäglich mit dem Nachwuchsnationalteam zu trainieren. So etwas wäre bei den Burschen mit ihren Verträgen bei den Klubs gar nicht möglich."

Der Erfolg des Projekts wird natürlich an Siegen gemessen werden. Akademie-Leiter Thalhammer hält es für möglich, "bis 2016 zur Spitze des europäischen Frauenfußballs" zu gehören. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, die Qualifikation für die WM 2011 in Deutschland (ab 26. Juni) wurde klar verpasst.

Insgesamt schlägt das Frauenfußball-Zentrum mit 892.000 Euro pro Jahr zu Buche, das Sportministerium beteiligt sich in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt einer Million Euro. Beiträge leisten auch das Land Niederösterreich, der ÖFB samt Landesverbänden und die Bundesliga. Die Eltern haben für die Hälfte der Internatskosten und also 150 Euro pro Monat aufzukommen. (David Krutzler, DER STANDARD, Printausgabe, 22.03.2011)