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Ernst Strasser war ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament. Er ist am Sonntag nach der "Lobbying-Affäre" zurückgetreten.

Foto: EPA/Delega

In ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlicht die Londoner Zeitung Sunday Times ihre Berichterstattung zur Causa Ernst Strasser. Der "Jeffrey Archer-Lookalike" sei in einer jovialen Laune gewesen, als er seinen Lunch-Kollegen in seine Geheimnisse eingeweiht hatte.  Dies dokumentieren zwei Videos, die die Journalisten heimlich bei ihren Recherchen erstellt haben. Ernst Strasser erklärt darin etwa, seine Position in Brüssel zu nutzen, um sich ein Netzwerk aufzubauen, das er für seine eigene Lobbyingfirma einsetzen kann. "This is a very good combination", erklärt er weiter. 

Lobbyismus-Geruch

Ein Mitglied des Europäischen Parlaments zu sein, öffne ihm die Türen auf eine andere Art, als für Lobbyisten. Er verstehe sich als Lobbyist und Mitglied des Europäischen Parlaments. Strasser weiter: "Ein Lobbyist ist ein Lobbyist. Und ein solcher hat einen speziellen Geruch. Wir müssen also sehr vorsichtig sein."

Auch über sein Honorar gibt er Auskunft. Seine Kunden bezahlen ihm 100.000 Euro pro Jahr. Derzeit habe er fünf Kunden, der sechste sei bereits in Aussicht. Die Journalisten der Sunday Times hätten die Siebenten werden könnten, wie Strasser erklärt. In einem zweiten Video erklärt Strasser, wie er die Gesetze im Europäischen Parlament im Sinne seiner Auftraggeber beeinflussen könne.

Strasser erklärt seinen Rücktritt

Ernst Strasser tritt nach den Enthüllungen der Sunday Times zurück. Zuvor hat sein Parteichef Josef Pröll ihn dazu aufgefordert: "Ich erwarte daher den umgehenden Rücktritt Strassers von allen politischen Funktionen und eine unmissverständliche Entschuldigung bei all jenen, die ihm bisher das Vertrauen geschenkt haben."

Strasser verteidigte sein Vorgehen trotzdem und sagte der APA, er sei mit den vorgeblichen Lobbyisten in Kontakt geblieben, um sie ausforschen zu können. Auf die Frage, warum er auf die Vorschläge der Reporter eingegangen sei, sagte er: "Ich habe die Leute angefüttert." Strasser will seit 7. Juli 2010 gewusst haben, dass die Firma kein echtes Lobby-Unternehmen sei, er habe aber mitgespielt, um die vorgeblichen Lobbyisten bei der österreichischen Staatspolizei zur Anzeige bringen zu können.

"Anfang März habe ich Unterlagen bekommen - einen Vertragsentwurf - mit diesem wollte ich zur Staatspolizei gehen", so Strasser. Er sei jedoch in Folge aus "terminlichen Gründen verhindert" gewesen. Eine schriftliche Einbringung der Anzeige habe er nicht machen wollen. "Ich wollte den Chef der Staatspolizei selbst sprechen", sagte Strasser.

Strasser verneinte neuerlich solche Lobby-Tätigkeiten. "Ich hatte nie Lobbykunden, weder in Brüssel noch in Wien." Parteiinterne Vorwürfe, es gebe in der Sache Aufklärungsbedarf, wies Strasser zurück. "Das ist eine politische Kampagne gegen mich und ich möchte der Partei nicht schaden."

Zwei weitere EU Abgeordnete werden beschuldigt

In ihren achtmonatigen Recherchen fanden die Journalisten der Sunday Times zwei weitere EU- Abgeordnete, die ihren politischen Einfluss zu Geld gemacht hätten, den ehemaligen rumänischen Außenminister Adrian Severin, sowie den ehemaligen slowenischen Außenminister Zoran Thaler. Laut Bericht der "Sunday Times" ist der fragwürdige Änderungsantrag ins EU-Parlament eingebracht worden. Die britische Abgeordnete Diana Wallis, Vizepräsidentin des EU-Parlaments, hat eine Untersuchung der Vorwürfe angekündigt. (Katrin Burgstaller/ APA, derStandard.at, 20. März 2011)