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"Das Argument, dass es die Kunden eben so wünschen, ist bei Diskriminierungsfällen im Arbeitsbereich ein Klassiker - siehe Kopftuchträgerinnen", kommentiert die Gleichbehandlungsanwältin.

Foto: EPA/CHRIS YOUNG

Übrig bleibt ein Eindruck von Entmutigung bei Louise K. (Name geändert). Die in Wien lebende Brasilianerin, über deren Jobablehnung, weil der konservativen Klientel einer Wiener Unternehmensberatung ihr "ausländischen Gesicht" nicht zugemutet werden dürfe, in diesem Blog berichtet wurde, hat das Jobsuchen fürs Erste aufgegeben. Sie qualifiziert sich jetzt in einem technischen Beruf weiter. Da das Familieneinkommen stimmt, kann sie sich das trotz Kindern leisten, Glück im Unglück. 

Überhaupt scheint an den beruflichen Problemen einer 38-Jährigen mit Maturaniveau, die fünf Sprachen spricht, auf den ersten Blick wenig Spektakuläres zu sein - außer für sie persönlich. Doch ihre Geschichte wurde von manchen Postern als journalistische Erfindung diskreditiert. Der im Folgenden zitierte Briefverkehr zwischen der Gleichbehandlungsanwältin Constanze Pritz-Blazek und dem Geschäftsführer jener renommierten Wiener Unternehmensberatung, der K. nicht als Empfangsmitarbeiterin angestellt hat, sollte dies zurechtrücken.

Folgen auch für die Wirtschaft

Aber warum diese "Stimmt-eh-alles-nicht"-Reaktion? Weil es so bequemer ist, und man sich mit Derartigem nicht auseinandersetzen will? Die Frage ist, wie viele AusländerInnen in Österreich Jobsucherfahrungen wie Louise K. machen. Und: Welche Folgen hat das, für die Einzelnen wie für alle - und auch für die Wirtschaft insgesamt. 

Und so ging die Geschichte weiter: Vor vier Wochen suchte Louise K. Gleichbehandlungsanwältin Constanze Pritz-Blazek auf, die gegen Diskriminierung aufgrund "der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung" in der Arbeitswelt einschreitet. Wer im Arbeitsleben oder bei Dienstleistungen unfair behandelt wird, weil er oder sie AusländerIn, ist, kann sich beschweren. Das ist nach dem - verbesserungswürdigen - österreichischen Gleichbehandlungsgesetz so geregelt, wie in der gesamten EU.

Die Gleichbehandlungsanwältin schätzte K.s Erzählung als glaubwürdig ein: "Was hätte sie davon, so etwas zu erfinden?", fragt sie. Die Brasilianerin beabsichtige nicht, weitere Schritte zu unternehmen, sie wolle aus dem Vorfall kein Geld ziehen - auch wenn sie die Möglichkeit hätte, es zu versuchen: Wer als bestqualifizierte/r "ausländisch" aussehende/r JobbewerberIn den Job nicht bekommt, ist mit zwei Monatslöhnen zu entschädigen, steht im Gleichbehandlungsgesetz. Das diesbezügliche Klagerisiko vor Gericht trägt der oder die KlägerIn allein.

Keine Ausreden

Am 24. Februar schickte Pritz-Blazek an den Unternehmensberatungschef einen Brief mit dem Ersuchen um Stellungnahme binnen zwei Wochen. Louise K. gab ihn und die Antwort darauf an derStandard.at weiter. "Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass "KundInnenwünsche" keine ausreichende Rechtfertigung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes darstellen, sind diese im Ergebnis gleichfalls geeignet, die Zielsetzung des Gleichbehandlungsgesetzes zu untergraben", schreibt die Gleichbehandlungsanwältin. In Klartext: Sich darauf ausreden, dass ein/e AusländerIn der Firma ein schlechtes Geschäftsimage bescheren könnte, gilt nicht. "Das Argument, dass es die Kunden eben so wünschen, ist bei Diskriminierungsfällen im Arbeitsbereich ein Klassiker - siehe Kopftuchträgerinnen", kommentiert die Gleichbehandlungsanwältin. Eigene Vorurteile könnten auf diese Art offenbar "ausgelagert" werden.

Die Antwort kam am 4.März: "Mit Verwunderung habe ich das Schreiben der Gleichbehandlungsanwaltschaft erhalten und nehme gern zu den angeführten Punkten Stellung", schrieb der Geschäftsführer. Das "Grundproblem" liege "im falsch dargestellten Sachverhalt. In keiner Phase der Bewerbung wurde Frau K. mitgeteilt, dass sie die am besten geeignetste Bewerberin darstellt." Vielmehr: "Es wurde ihr mitgeteilt, dass ihre sprachlichen Fähigkeiten kein Hindernis für die Einstellung wäre." Kein Hindernis? Frau K. beherrscht fehlerfrei Deutsch, außerdem Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Japanisch.

"Persönlich erschüttert"

Auch habe er keineswegs mit KollegInnen wegen K.s "ausländischem" Aussehen Rücksprache gehalten, beteuert der Mann. Sondern er habe die Entscheidung "in Hinblick auf die anderen KandidatInnen und auf das Gesamtbild der Verhältnisse" getroffen. Bis heute habe er niemand anderen für den Job. Nun jedoch sei er "persönlich erschüttert, dass der Vorwurf der ethnischen Diskriminierung aufgebraucht (sic!) wird." 

Kommentar der Gleichbehandlungsanwältin: "Frau K. hatte auf eine Entschuldigung gehofft. Die hat sie nicht bekommen". Reaktion Louise K.s: "Ich bin froh, dass ich zur Gleichbehandlungsanwaltschaft gegangen bin. Aber ich habe gelernt: Manche Leute wollen ihren Rassismus vertuschen - und ihn dann verdrängen."

Irene.Brickner@derStandard.at