Revolutionärer Kontrast: In Hammamet kann man an einem der schönsten Strände eine ausgebrannte Villa des Ben-Ali-Clans bewundern. Touristen sind auch bei den Umstürzlern gern gesehen.

Wie Ägypten ohne Touristen aussieht, zeigt eine Ansichtssache.

Foto: Conrad Seidl

Der einsame Pool im Jaz Makadi Golf Hotel in Hurghada wartet genauso auf Gäste ...

Foto: Pumhösel

... wie ein Strandcafé auf der anderen Seite des Hotelkomplexes Madinat Makadi.

Wie Ägypten ohne Touristen aussieht, zeigt eine Ansichtssache.

Foto: Pumhösel

Reiseinfos Tunesien

Aufgrund der derzeitigen Situation sollten laut österreichischem Außenministerium Reisen bis auf Weiteres auf die Hauptstadt Tunis und die Touristenorte an der Küste einschließlich Djerba beschränkt bleiben.

Dort befinden sich auch viele Sehenswürdigkeiten einschließlich der Ruinen von Karthago und des Künstlerdorfs Sidi Bou Said.

Tunis Air fliegt sonntags und donnerstags von Wien nach Tunis.

Pauschalangebote ab 355 Euro für das Hotel Sindbad bei Tui.

Grafik: DER STANDARD

Reiseinfos Ägypten

Für Ägypten besteht eine partielle Reisewarnung für alle Saharagebiete. An den Tourismusorten am Roten Meer und in Oberägypten (Assuan und Luxor) und für Nilkreuzfahrten ist laut österreichischem Außenministerium nicht mehr von besonderem Sicherheitsrisiko auszugehen.

Flüge der Lauda Air sonntags und donnerstags.

Reduzierte Pauschalangebote bei Tui und Gulet.

Grafik: DER STANDARD

Revolution schau'n
Der Strandabschnitt zwischen der Altstadt von Hammamet und dem Hotel The Sindbad gehört zu den schönsten Tunesiens - sonst wäre der Fünf-Sterne-Betrieb mit den 145 Zimmern und neun Suiten wohl nicht genau dorthin als erstes Haus der Region gebaut worden. 1966 war das, und seither ist immer wieder renoviert worden. Gebaut wurde auch in der Umgebung: Die Familie des gestürzten Präsidenten Zine el-Abidine Ben Ali hat in der Nachbarschaft ein Grundstück enteignet und einen Protzbau hingestellt - daumendickes Sicherheitsglas, ein Wohnsalon in den Dimensionen eines Tanzsaales, bewachter Privatstrand.

Die Bewacher sind weg, die Einrichtung des Hauses auch. Aber die ausgebrannte Ruine steht noch und gibt eine schaurige Kulisse für Revolutionstouristen ab: "We did not have a single Dinar" hat jemand in Kontrast zum präsidentiellen Prunk auf die Fassade gesprayt und "Mort a tout les dictatures". Wohl auch eine Koransure über Gerechtigkeit und eine Schmähung des Ex-Präsidenten. Die Revolutionäre haben an ihr internationales Publikum gedacht, sie haben ja die Revolution zum Exportgut gemacht.

Mit gemischtem Erfolg - und harten wirtschaftlichen Folgen: Von den sieben Millionen Touristenankünften pro Jahr entfielen allein eineinhalb Millionen auf Libyer. Aber die haben derzeit andere Sorgen, sie kommen zu Zehntausenden als Flüchtlinge ins Land. Und Touristen aus Europa ist der revolutionäre Wandel nicht ganz geheuer. Das Luxushotel ist ziemlich leer, der zugehörige Golfplatz Citrus ist es ebenfalls. 90 Prozent Auslastung hat das Sindbad in einem normalen März, heuer sind es nur 23 Prozent. Der Hoteldirektor hat versucht, es auf einer Tourismusmesse zu bewerben - aber keiner habe sich für das Hotel interessiert, alle wollten bloß wissen, wie es in Tunesien politisch weitergehe.

Das allerdings sei auch eine Chance, meint Habib Ammar, der Generaldirektor des nationalen Tourismusbüros: "Für unser Image ist es gut, dass wir das erste Land in der Region sind, das eine Revolution gemacht hat. Mittelfristig ist die Revolution sehr gut für den Tourismus, denn bisher hat man als Tourist doch mitbekommen, dass das ein Land ist, dessen Schönheit von Korruption und Diktatur konterkariert wird."

Flugs wurde ein neuer Slogan entworfen: "I love Tunisia - the place to be ... now". Und es wird an Angeboten gebastelt, die die 800 Hotels des Landes wieder füllen sollen - Tunis Air bietet Tickets um 187 Euro an, und künftig sollen mehr Fluglinien Landerechte in Tunesien erhalten.

Einen Steinwurf von seinem Büro im Stadtzentrum von Tunis entfernt, an der Avenue Habib Bourguiba, liegt das Innenministerium. Vierfache Rollen von Nato-Draht sind in der prachtvollen Allee ausgelegt, dahinter stehen Schützenpanzer und Wasserwerfer. Dutzende Polizisten und weitere Radpanzer an den nächsten Straßenkreuzungen. Man muss näher rangehen, um zu sehen, dass die Soldaten überaus freundlich lächeln: Touristen, auch Revolutionstouristen, sind herzlich willkommen. Und gegen geordnete Demonstrationen hat auch niemand etwas, versichert Ammar, im Gegenteil: Auf die sei man stolz, diese zeigten nämlich, dass sich eine Zivilgesellschaft entwickelt.

Vor der Revolution wäre es wohl auch undenkbar gewesen, dass sich in allen Städten Hilfskomitees für die revoltierenden Nachbarn in Libyen bilden. Man zeigt fröhlich Engagement, man gründet Parteien. Mit der Nummer 45 wurde die Republikanische Partei registriert - angeführt vom Literaten Abdelaziz Belkhodja, der von der großen Entlastung erzählt, die alle seit dem Sturz des Ben-Ali-Regimes verspürten: Künftig könne man investieren, auch in neue Golfplätze, in alles, was Beschäftigung schafft - ohne dass man Schmiergeld an Ben Alis Clan zahlen müsse, ohne dass man Aufpasser fürchten müsse. Diese Freiheit werde man sich auch nicht mehr wegnehmen lassen, schon gar nicht von Islamisten, die den liberalen Lebenswandel einschränken würden. Aber viele Chancen hätten die ohnehin nicht, sagt Belkhodja: "Bei uns gibt es in jeder Familie Leute, die in die Moschee gehen, und andere, die in die Bar gehen. Und sie verstehen einander prächtig."

Freie Liegen in Ägypten

Am Beginn des ersten Wochenendes, an dem die Lauda Air Hurghada wieder mit Pauschaltouristen aus Österreich versorgt, herrscht Stille am Strand des Iberohotels Makadi Beach. Die vielen leeren Strandliegen unter den Schirmen scheinen den ungetrübten Himmel bei knapp 30 Grad Lügen zu strafen. Niemand ist da außer einem einsamen Angestellten, der im Sand nach Müll stochert.

Nur 13 von mehr als 300 Hotelzimmern sind belegt, was, wie der Hotelmanager sagt, "in 14 Jahren noch nicht da war". Eine Auslastung von 3,5 Prozent, üblich seien 85 Prozent. Wenig später lässt sich ein deutsches Paar, ältere Semester, nieder. Ihre Meinung konterkariert die Stimmung: Es hätte absolut keinen Grund zum Umbuchen oder Stornieren gegeben. Für den deutschen Außenminister Guido Westerwelle haben sie nur herablassende Worte übrig: Die Reisewarnung sei alles andere als notwendig gewesen.

Genau solche Gäste wünschen sich die Ägypter. Zumindest jene, die etwas mit Tourismus am Hut haben: Angefangen vom jungen Mohamed Salah, der im Bus die Durchsagen macht und allen seinen Aufforderungen zum Touristen-Herholen ein "Inschallah" nachstellt, bis zu Hisham Zaazou, dem Vizeminister für Tourismus, der im Hotel extra eine Pressekonferenz gibt und dabei die Notwendigkeit eines sich schnell erholenden Touristenstroms mit düsterstem Zahlenmaterial untermauert: 30 bis 40 Millionen Dollar würde das Land pro Tag verlieren, eine Milliarde im Monat.

Der Mann, der laut einer im Internet einsehbaren Biografie seit 2008 im Amt ist, verteidigt die Errungenschaften der Revolution mit viel rhetorischem Kalkül. Nachdem er die Journalistenrunde zu einer Gedenkminute für die Opfer des 25. Jänner aufgerufen hat, gipfelt seine Betrachtung des Wandels in Ägyptens in: "We are open now." Und: "Please come back." Jene, die bei der Revolution ihr Leben ließen, hätten es verdient. Der Tahrir-Platz sei jetzt eine Sehenswürdigkeit.

Mohamed wird später im Bus noch mehr Optimismus hinausposaunen und in seiner Naivität viel über die Verfassung des Landes preisgeben: "Alles, was negativ war, ist jetzt positiv." Die Wohnblöcke in Hurghada, die nach Mubarak benannt sind, würden sicher auch umbenannt.

In den Hotels, deren Systeme darauf ausgerichtet sind, sich um hunderte Menschen gleichzeitig zu kümmern, müssen sich die Angestellten derzeit allein beschäftigen: Pflastersteine werden ausgebessert, die Abflüsse für die seltenen Regenfälle gereinigt, der Chef gibt ein Käptn's Dinner, bei dem er die anwesenden Gäste an einem Tisch versammelt und à la carte bewirten lässt. Groß kochen zu lassen hätte keinen Sinn.

Im Makadi Beach sei noch keiner der Angestellten entlassen worden. Das ausbleibende Trinkgeld mache aber auch ihnen zu schaffen. Schulbildung sei für die Arbeit im Hotel übrigens kein Kriterium, sagt der Manager, sondern dass man "das Herz am richtigen Platz" habe. Der Durchschnittslohn beträgt 250 Euro. Der Bau einer der Hotelstadt angeschlossenen Wassererlebniswelt wurde nicht unterbrochen, und im stylischen Golfhotel, das den Komplex seit kurzem ergänzt, ist man dabei, letzte Bewässerungsschläuche unter dem Rasen zu verbergen.

In El Gouna, einer Touristenstadt, die in den letzten 20 Jahren nördlich von Hurghanda wuchs, ging es im Februar auch eher gemütlich zu: Den Tiefstand im örtlichen Mövenpick erreichte man mit 80 Gästen. Platz haben mehr als 1100. Das Areal sei so groß, da verläuft es sich auch bei voller Auslastung, wirbt der Manager des Fünf-Sterne-Resorts. Die Stadt mit ihren künstlichen Kanälen, mit Golfplatz, Flughafen und einer Außenstelle der Uni Berlin zieht Ausländer und reiche Ägypter an. Der Weg nach El Gouna führt sogar an einer "Fabrik für ägyptischen Wein" vorbei, wie Mohamed wohlmeinend erklärt.

Dass die Leere ohnehin nur von kurzer Dauer sei, scheint allen klar zu sein. Vizeminister Zaazou hat mit seinen Auslastungsprognosen von 15 Prozent im März und 30 im April noch tiefgestapelt. Dass es wohl nicht so schlimm kommt, deutet sein Chef, der neue Tourismusminister Munir Fakhry Abdel Nu, auf der Berliner Reisemesse ITB an: "Trotz der starken Rückgänge zu Jahresbeginn wollen wir die gleichen Besucherzahlen wie 2010 schaffen", sagt er. Denn: "Es normalisiert sich schneller, als wir zu hoffen wagten." (Alois Pumhösel/Conrad Seidl/DER STANDARD/rondo/18.03.2011)