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Eine Gaddafi-Karikatur in Bengasi, wo die Rebellen nach ihren Verlusten zusammenrücken.

Foto: AP/Nasser

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Regierungstruppen an einem Checkpoint bei Bin Jawad.

Foto: REUTERS/Chris Helgren

Libysche Rebellen weichen vor Gaddafi zurück

Immer mehr Städte nehmen die Truppen Gaddafis den Aufständischen in Libyen wieder ab. Nach Ras Lanuf fiel am Sonntag auch Brega. In Bengasi hofft man weiter auf die Einrichtung einer Flugverbotszone.

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Der Traum von der Spazierfahrt nach Tripolis ist für die Revolutionäre in Libyen vorbei. Und dieses Ende ist überall spürbar. Vor einer Woche lachten die Milizionäre auf dem Weg von Bengasi an die Front von der Ladefläche ihrer Pickups und zeigten Vorbeifahrenden das Victoryzeichen. Am Wochenende war davon nichts mehr zu sehen. Die Gesichter sind ernst, überholende Wagen werden nicht beachtet. Der Verlust von Ras Lanuf hat die Aufständischen mehr getroffen, als sie zugeben wollen.

"Halb-halb" sei die Situation an der Kampflinie zurzeit, sagt Fardjis Ahmad in der 140.000-Einwohner-Stadt Ajdabiya. Da ist aber Brega noch nicht verloren. Ahmad ist ein Offizier der Rebellenarmee, der hier Passierscheine Richtung Brega ausstellt.

Denn auch die Sicherheitsvorkehrungen sind im Vergleich zur vergangenen Woche verschärft worden. An einem großen Checkpoint kommt man nur mehr mit dieser Erlaubnis vorbei. In Ajdabiya scheint sich auch die Versorgungslage zu verschlechtern. An der einzigen offenen Tankstelle nahe der Hauptstraße warten zwanzig, dreißig Wagen.

Am Sonntag ist dann auch die Ortschaft Brega, die vor zehn Tagen von den Rebellen erobert wurde, wieder in Gaddafis Hand. Alle Vorbereitung auf die Offensive haben nichts gefruchtet.

Die Aufständischen sammelten sich am Samstag vor einem kleinen Krankenhaus. "Es sind noch zwei Ärzte hier" , sagt Osama Esshim. Zwischen 30 und 40 Verletzte seien am Freitag angekommen, erzählt der 27-jährige Apotheker. Shafid wird aus einem Auto auf die Rollbahre gehoben. Der 25-Jährige hat Schusswunden in der Schulter und im Bauch. "Er ist kilometerweit aus Ras Lanuf zu Fuß zurückgegangen" , schildert einer seiner Kameraden. "Neben der Straße waren Gaddafis Scharfschützen, die ihn erwischt haben" , behauptet er.

Ein maximal 20-Jähriger kann kein Englisch, verständlich machen kann er sich dennoch. "Gaddafi" sagt er, dann fährt er sich mit den Fingern über die Kehle. Und küsst das Bild von Omar Al- Mukhtar, dem gegen die italienischen Kolonisatoren kämpfenden Nationalhelden, das sich auf den Presseakkreditierungen befindet. Auf drei Journalisten wurde am Samstag weit hinter der Front geschossen, ein Mitarbeiter von Al- Jazeera wurde gemeinsam mit einem weiteren Mann getötet - der erste tote Reporter in diesem Bürgerkrieg.

Gegen derartige Hinterhalte würde auch die Flugverbotszone nichts helfen - befürwortet wird sie dennoch, sowohl in Bengasi als auch an der Front. Die Forderung der Arabischen Liga nach dieser Maßnahme sorgte Samstagabend für Begeisterung in der Rebellenhauptstadt.

Muammar al-Gaddafi habe seine Rechtmäßigkeit eingebüßt, nachdem er Kapitalverbrechen an seinem Volk begangen habe, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa. Die USA begrüßten die Forderungen des Staatenbundes als "wichtigen Schritt" . Ob der Uno-Sicherheitsrat sich mit einer Resolution anschließt, blieb am Sonntag dennoch vollkommen unsicher. (Michael Möseneder aus Bengasi/DER STANDARD, Printausgabe, 14.3.2011)