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Die Regierung hat Gianfranco Fini fest im Schwitzkasten.

Foto: AP/dapd/Pier Paolo Cito

Die italienische Regierung hat am Mittwochabend ein Vertrauensvotum in der römischen Abgeordnetenkammer gewonnen. Mit 314 zu 291 Stimmen blieb sie allerdings unter der absoluten Mehrheit und unter den von Premier Silvio Berlusconi erwarteten 320 Stimmen.

Angesichts der ständigen Schwierigkeiten verschob die mitregierende Lega Nord ihr Ultimatum für den Abschluß der Föderalismus-Reform von Mai auf September. Das Föderalismus-Paket war mit der Vertrauensfrage gekoppelt worden. Aufgrund der zahlreichen Parlamentarier, die in den vergangenen Wochen aus der Opposition und aus Gianfranco Finis abtrünniger Gruppierung übergelaufen waren, hatte der Sieg der Regierung bei der Vertrauensabstimmung als sicher gegolten.

Berlusconi setzte unterdessen seine Bemühungen fort, die gegen ihn laufenden Prozesse zu verschleppen bzw. zu vereiteln. So forderte das Mitte-rechts-Bündnis Kammerpräsident Gianfranco Fini ultimativ auf, die Prozesszuständigkeit der Mailänder Richter mittels eines Parlamentsbeschlusses anzufechten.

Damit bringt der Premier seinen ehemaligen Vertrauten und nunmehrigen Erzrivalen Gianfranco Fini in eine brenzlige Situation: Im 19-köpfigen Präsidium der Abgeordnetenkammer, das die Entscheidung treffen muss, verfügt die Opposition über eine knappe Mehrheit. Diese will Berlusconi nicht helfen. Dagegen verfügt die Regierung über eine Mehrheit im Plenum. Egal wie Fini sich entscheidet - er wird massivem Druck ausgesetzt werden.

Gleichzeitig drängt Berlusconi auf kürzere Verjährungsfristen. Das entsprechende Gesetz soll in zwei Wochen das Parlament passieren. Damit hätte der Cavaliere den gefährlichsten Prozess vom Tisch:jenen um die Bestechung des britischen Anwalts David Mills. Hier droht schon bald ein Urteil. Zum Auftakt eines weiteren Verfahrens wegen Steuerbetrugs in Berlusconis Mediaset-Konzern forderten seine Anwälte zuletzt die Anhörung dutzender Zeugen aus über 15 Nationen.

Der Abgeordnete Gino Bucchino vom oppositionellen Partito Democratico hat indes versichert, man habe ihm für einen Wechsel ins Berlusconi-Lager 150.000 Euro und einen sicheren Listenplatz bei Neuwahlen angeboten. Er wiederholte seine Vorwürfe auch gegenüber der bereits ermittelnden Staatsanwaltschaft.

In Rom wird in den kommenden Tagen eine größere Regierungsumbildung erwartet. Dabei sollen bis zu zwölf Überläufer mit Minister- oder Staatssekretärsposten belohnt werden. Als sicher gilt die Ablösung des amtsmüden Kulturministers Sandro Bondi, der sein Ministerium seit drei Monaten nicht mehr betreten hat. Der auf der Liste der Linken gewählte Unternehmer Massimo Calearo ist als Handelsminister im Gespräch. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 3.3.2011)