Bascha Mika: "Die Feigheit der Frauen. Rollenfallen und Geiselmentalität. Eine Streitschrift wider den Selbstbetrug" ISBN: 978-3-570-10070-7, EUR 14,99, Februar 2011

Buchcover C.Bertelsmann

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Bascha Mika.

Foto: AP / HERMANN J. KNIPPERTZ

Bascha Mika ist eine, die es nach den gängigen Werten unserer Gesellschaft geschafft hat. Sie war elf Jahre Chefredakteurin der taz und unterrichtet heute als Honorarprofessorin in Berlin angehende JournalistInnen. Diskriminierungen aufgrund ihres Geschlechtes steckte Frau Mika offensichtlich weg, sie konnte nichts aufhalten.

In ihrem neuen Buch "Die Feigheit der Frauen" nimmt sie sich Frauen-Biographien vor, die als weniger erfolgreich, tough und mutig gelten. Wobei Mika diese Kriterien für die Frau von heute nicht nur in puncto Karriere auf verlorenem Posten sieht. Ebenso im gemeinsamen Haushalt, bei der Aufteilung der Familienarbeit, der Arbeit am Körper oder in Liebesbeziehungen - Frauen sind voll feig. Zu feig, die Ellenbogen einzusetzen, zu feig, sich im Büro ständig von der kompetitiven Seite zu zeigen und zu feig, vor FreundInnen mit den eigenen Erfolgen zu prahlen. Mit eben diesen sympathischen Eigenschaften seien uns Männer nach wie vor voraus, da nützen uns Gesetze zur Gleichbehandlung wenig, denn diese hätten wir jetzt schließlich und was machen wir draus? Nichts, meint Mika. "Wir" verabschieden uns aus unseren ohnehin nur wackelig geplanten Lebensentwürfen, sobald "uns" ein Mann auch nur im Ansatz anlächelt.

Schema F oder doch Feminismus?

Dieses Resümee zieht sich über 228 Seiten, auf denen Bascha Mika immer nach dem gleichen Schema vorgeht: Sie beschreibt eine (subjektive) Beobachtung, lässt eine Soziologin, Psychotherapeutin, Anwältin oder sonst eine Expertin diese Beobachtung untermauern und streut schließlich noch Beispiele dazwischen, die allerdings nur bei den Namen und Berufen variieren. Erst präsentieren diese Beispiele vorwiegend Akademikerinnen um die Dreißig, die sich einem Mann zuliebe beruflich und auch sonst zurücknehmen und ihre hervorragende Ausbildung zwischen Hausfrauen-Smalltalk und Kinderhüten verschimmeln lassen. Dies lässt eine erst mal vermuten, dass Mika ihre Behauptungen auf dieses soziale Milieu einschränkt und dadurch einen Funken Differenzierung aufblitzen lässt. Auch betont sie an einer Stelle explizit, dass sie natürlich nicht Frauen meine, die in einer existenziellen Zwangslage sind. Doch später tauchen auch Beispiele aus weniger privilegierten Schichten auf und es wird klar, dass Mika wirklich schlichtweg "Frauen" meint; der reißerische Buchtitel ist also nicht nur eine notwendige Verknappung.

Rücken freihalten statt Big Business

Schließlich wird auch die Friseurin auf den Plan gerufen, die eigentlich Maskenbildnerin werden wollte - allerdings nur, bis sie sich verliebte. Oder Katja, Anne, Beate und Linda. Alle haben "spannende Jobs" und trotzdem haben sie bei ihren Treffen kein anderes Thema: "Warum sie nicht bekommen, was sie dringend wollen. Die absolut perfekte Beziehung. Den Mann!" schreibt Bascha Mika. Und da gibt es natürlich noch die vormals erfolgreiche Bankmanagerin, die heute nichts anderes tut, als ihrem Arzt-Gatten den Rücken freizuhalten.

Auf der Suche nach Gründen für diese traditionellen Rollenaufteilungen wühlt sich die Autorin auch durch Erklärungen, die außerhalb der eigenen Handlungsmacht stehen und greift dabei die üblichen mainstreamtauglichen Themen auf: Schönheitswahn, Rollenklischees, die einer schon im Kindesalter vor die Nase gehalten werden und die jede auf Schritt und Tritt verfolgen, geschlechtsspezifische Zuschreibungen bestimmter Fähigkeiten und Verhaltensweisen, faule Männer und so weiter. Obwohl Mika auch diese Dinge in den Blick nimmt, bleibt sie der differenzierungsfreien Linie treu: Das (falsche) Verhalten der Frauen ist des Pudels Kern.

Na Gott sei Dank sagt das mal jemand, die große Masse beschäftigt sich ohnedies damit, was Politik, Arbeitsmarkt oder Industrie anders machen sollten, statt die Fehler bei sich selbst zu suchen. Oder war es doch anders herum?

Sollen wir nun von Sexismus reden oder nicht?

Das Buch ist zwischen Selbsthilfe, Populärwissenschaft und Sachbuch angesiedelt. Für keine dieser Kategorien liefert das Buch nur annähernd etwas Neues: Die Schlüsse, die aus einzelnen Expertinnen-Aussagen gezogen werden, kennen wir aus diversen unqualifizierten Wortmeldungen, durch die mit Einzelgeschichten Pauschalurteile zum Besten gegeben werden. Und auch die angeführten Beispiele informieren allerhöchstens über eine selektive Wahrnehmung und sie konstruieren zudem ein Bild, nach dem sich Frauen einfach nur blöd anstellen und halt deshalb weniger verdienen, die Hausarbeit machen oder sonstwie auf der Strecke bleiben.

Mit "Die Feigheit der Frauen" gibt es überflüssigerweise noch ein Buch, das sich zwar mit feministischen Themen verkaufen soll, während sich die Autorin gleichzeitig auf jeder Seite vom Feminismus distanziert. Nur ein Beispiel, was das Ergebnis einer solchen Herangehensweise ist: "Niemand redet heute mehr von Sexismus. Und das ist wahrscheinlich auch gut so. Der Begriff klingt altbacken und riecht ein bisschen streng", schreibt Mika. Nur ein paar Zeilen weiter stellt sie aber fest: "Und es ging ihm (Anm.: dem Sexismus) noch nie so gut. Er gehört zum Grundrauschen in der Gesellschaft und wird immer seltener bewusst wahrgenommen." Da ist es wahrscheinlich wenig hilfreich, dass niemand mehr vom "verstaubten Begriff Sexismus" redet, was sie noch zuvor guthieß.

In Machtverhältnisse einklinken

Abgesehen von einigen anderen paradoxen Stellen ist der Grundtenor des Buches: Frauen sollen sich gefälligst in die bestehenden gesellschaftlichen Machtverhältnisse einklinken. Wie die Autorinnen ähnlicher Bücher, versteht auch Bascha Mika Feminismus nicht als gesellschaftskritisches Projekt. Umso erstaunlicher, dass die Autorin in den zahlreichen Besprechungen auch als "linke Feministin" gehandelt wurde. Mit linkem Feminismus hat "Die Feigheit der Frauen" herzlich wenig zu tun. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 2.3.2011)