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Die deutsche Übersetzung des Gaddafi-Buchs erscheint bei einem rechten deutschen Kleinverlag.

Foto: REUTERS/Libyan State Television/Handout

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Diese Libyer reißen sich um das Grüne Buch, allerdings wollen sie es verbrennen.

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Mao, Marx, Guevera, Gaddafi: wenigstens bei Amazon findet sich Libyens wankender Machthaber in einer Reihe mit Revolutionären historischen Maßstabs wieder. Wer nach seinem "Grünen Buch" sucht, wird darauf hingewiesen, dass "Kunden, die diesen Artikel gekauft haben", auch zu den Werke der längst verstorbenen linken Ikonen griffen. Dabei hat der Verlag, bei dem Gaddafis Machwerk seit Anfang der 80er-Jahre in deutscher Sprache erscheint, alles andere als einen linken Einschlag.

Publizistisches Sprachrohr der Rechten

Die krude Ideenwelt des Grünen Buchs, einem Amalgam aus islamischen, sozialistischen und panarabischen Versatzstücken, wird in Deutschland und Österreich von einem rechtsradikalen Kleinverlag herausgegeben. Der 1979 gegründete Verlag Bublies aus dem rheinland-pfälzischen Schnellbach gehört zu den publizistischen Sprachrohren des deutschen Rechtsextremismus. Verlagsgründer Siegfried Bublies war in den 70er-Jahren aktives Mitglied der Jungen Nationaldemokraten, einer Jugendorganisation der rechtsextremen NPD, später Kreisvorsitzender der Republikaner im rheinischen Koblenz. Entsprechend liest sich das Verlagsprogramm. Neben Gaddafis Grünem Buch in drei Bänden lassen sich dort etwa Biografien von NS-Größen und "Heimatklänge aus Ostpreußen" käuflich erwerben.

In der hauseigenen Zeitschrift "wir selbst" schrieben von 1979 bis 2002 neben honorigen Bundeswehr-Offizieren auch gestandene Rechtsextremisten, etwa der frühere NPD-Kader Andreas Molau. 1982 erschien ein Reisebericht namens "Basisdemokratie und Sozialismus in Libyen", 1984 wurde ein Interview mit dem Diktator abgedruckt. Es war der Beginn einer langen Freundschaft zwischen völkischen deutschen Nationalisten und dem arabisch-afrikanischen Potentaten.

"Nationalrevolutionäre Linie"

Der deutsche Rechtsextremismusexperte Ulli Jentsch vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz) beobachtet die Gaddafi-Connection von Siegfried Bublies und seinem Verlag seit Jahren. "Der Verlag vertritt eine nationalrevolutionäre Linie, dieser Ansatz stellt durchaus eine Interessensgemeinschaft mit dem arabischen Nationalismus dar, wie ihn Gaddafi vertritt. Er hat sich außerdem früh für eine "Lösung der deutschen Frage" ausgesprochen." Gaddafis Engagement stieß im deutschen Rechtsextremistenmillieu schnell auf positives Echo.

Der deutsche Publizist Anton Mägerle, spezialisiert auf rechtsextreme Umtriebe, hält die ideologischen Gemeinsamkeiten zwischen den Rechten und Gaddafi für offensichtlich. "Das Grüne Buch wurde in rechtsextremen und nationalrevolutionären Kreisen mehrfach positiv rezensiert. Mit dessen Grundlinien politischer Lehre  - nationale Unabhängigkeit, antimarxistischer Sozialismus, Antiimperialismus - können sich rechtsextreme Kreise gut anfreunden."

Dass neben aller ideologischer Verwandtschaft zwischen den deutschen Nationalisten und dem Diktator in Tripolis auch finanzielle Gründe eine Rolle spielen, vermag Ulli Jentsch von apabiz nicht zu bestätigen. Es gäbe aber seit Jahren Gerüchte, Gaddafi hätte die deutsche Rechte großzügig mit Petrodollars ausgestattet. Verlagschef Bublies will von finanziellen Zuschüssen des Diktators nichts wissen. "Es ist kein Geld geflossen", sagt er im Gespräch mit derStandard.at. "Im Gegenteil, das Grüne Buch hat uns meist eher belastet, als dass wir an Gaddafi verdient hätten." 

"Fürsprecher der Wiedervereinigung"

Wie ein Verlag wie der Seinige an das Werk eines arabischen Politikers gelangte? Das Buch sei seinem Verlag damals angeboten worden und er habe zugegriffen, sagt Bublies. Und erklärt in knappen Worten den Grund seines Faibles: "Gaddafi hat sich als einer der ersten internationalen Staatsmänner für die deutsche Einheit eingesetzt und von einem deutschen Volk gesprochen, das vereint gehört."

Reich geworden ist der Verlag an seinen Gaddafi-Rechten nach eigenen Angaben jedenfalls nicht. "Höchstens 2.000 mal" habe sich das Grüne Buch insgesamt in all den Jahren verkauft. So viele Anfragen wie seit Beginn der Unruhen in Libyen habe man in den vergangenen paar Jahren zusammen nicht erhalten, so Bublies. (flon/derStandard.at, 1.3.2011)