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Am Donnerstag im deutschen Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist extra zur Debatte über die anstehende Reform der Bundeswehr gekommen, um Guttenberg Rückendeckung zu geben.

Foto: Berthold Stadler/dapd

Fragt der Praktikant im deutschen Verteidigungsministerium: "Wo ist denn der Kopierer?" Bekommt er als Antwort: "Auf Truppenbesuch in Afghanistan."

Kein Zweifel: Guttenberg-Witze haben in Deutschland Hochkonjunktur. Dem Minister selbst ist weniger zum Lachen zumute. Am Mittwochabend hat die Universität Bayreuth ihm nach Prüfung seiner Dissertation offiziell den Doktor-Titel aberkannt. Doch damit ist die Angelegenheit noch nicht abgeschlossen: Die Uni prüft nun auch, ob er die Promotionskommission getäuscht hat.

Guttenberg selbst versuchte am Donnerstag wieder Normalität herzustellen. Er trat im Bundestag auf, um die Abschaffung der Wehrpflicht zu verteidigen. Doch sofort wurde er von der Plagiats-Affäre eingeholt. SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete ihn als "politischen Hochstapler" und forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut auf, ihn aus ihrem Kabinett zu entlassen.

Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckhart (Grüne) warf Guttenberg vor, er tue immer noch so, als handle es sich bei den vielen, nicht korrekten zitierten Passagen in seiner Doktorarbeit um einen "kleinen Fehler, der irgendwie nebenbei passiert" ist.

Kein Rücktritt in Sicht

"Der Makel seiner Doktorarbeit wird noch lange an Guttenberg hängen", sagt auch der deutsche Politologe Gerd Langguth zum Standard. Dass der Minister in den kommenden Tagen doch noch zurücktreten wird, glaubt er nicht: "Der Zeitpunkt ist vorbei."

Einig sind sich politische Beobachter, dass Merkel und auch CSU-Chef Horst Seehofer (CSU) nur deshalb an Guttenberg festhalten, weil dieser in Deutschland so enorm populär ist. "Er hat eine Biografie wie in einem Märchenbuch - der Adelige, der Politik für die Menschen macht", meint Langguth.

Vor allem das Boulevard-Blatt Bild surft auf dieser Popularitäts-Welle und brachte am Donnerstag in Riesen-Lettern das Ergebnis einer Anruf-Aktion, an der sich mehr als 200.000 Menschen beteiligt haben sollen: "87 Prozent sagen: Ja, wir stehen zu Guttenberg!" Daneben lächelt der Baron freundlich-locker aus der Zeitung.

Für Langguth ist das Dilemma von Merkel und Seehofer klar. Sie fänden auch nicht gut, was Guttenberg sich bei seiner Doktorarbeit geleistet habe. Andererseits: "Wenn sie sich gegen ihn stellen, wird es zu einem noch größeren Akt der Solidarisierung kommen."

Langguth glaubt auch nicht, dass Guttenberg keine weitere Karriere mehr machen könne. In ein paar Jahren sei Gras über die Sache gewachsen. Dann wäre es durchaus denkbar, dass Guttenberg doch noch Kanzlerkandidat von CDU/CSU wird. (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, Printausgabe, 25.2.2011)