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Wladimir Putin hat eigene Ansichten von Energiepolitik.

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Am Tag des Vaterlandsverteidigers, einem der populärsten Feiertage in Russland, hat der russische Premierminister Wladimir Putin seinen zweitägigen Arbeitsbesuch in Brüssel begonnen. Dort wird Putin gegenüber der Europäischen Union die Interessen Russlands, genauer gesagt des Staatskonzerns Gasprom, verteidigen.

Russland ist vor allem das 3. Energiepaket der EU-Kommission, das Anfang März in Kraft treten wird, ein Dorn im Auge. Das Paket sieht die eigentumsrechtliche Entflechtung von vertikal integrierten Energieunternehmen vor. Darunter versteht man die Trennung von Produktion und Verteilung. Außerdem soll eine Klausel verhindern, dass Unternehmen aus Drittstaaten Verteilungsnetze ohne Erlaubnis der Regierungen aufkaufen. Die Klausel richtet sich damit auch gegen die Expansionspläne von Gasprom in Europa.

"Wenn das Paket tatsächlich implementiert wird, dann werden die russischen Unternehmen, die in den vergangenen Jahren in Infrastruktur in Europa investiert haben, Nachteile spüren" , sagt Alexander Rahr, Russlandexperte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik dem Standard. Putin, der von zwölf Ministern und Gasprom-Chef Alexej Miller begleitet wird, wird daher versuchen, eine Ausnahmeregelung zu verhandeln. Walerij Jasew, Präsident des russischen Gasverbandes, forderte, dass die EU die Sicherheit der russischen Investitionen gewährleisten müsse.

Durch das EU-Energiepaket seien Milliardeninvestitionen in den Bau von neuen Pipelines gefährdet, warnte der russische Regierungschef vor seiner Reise nach Brüssel. Jasew kündigte an, dass der Bau des zweiten Nord-Stream-Stranges vorerst auf Eis gelegt werde. Die Betreibergesellschaft der Pipeline dementierte dies.

Gasprom will auch am Bau der South-Stream-Pipeline festhalten, die über den Grund des Schwarzen Meeres führen soll. Anfang Februar 2011 hat Gasprom mit dem österreichischen Energiekonzern OMV ein Joint Venture für den Bau des österreichischen Abschnitts gegründet.

Ob die unter der Federführung der OMV geplante Pipeline Nabucco realisiert wird, soll sich heuer entschieden. Wie die britische Zeitung The Guardian berichtete, haben sich die Kosten für die Nabucco Pipeline wegen höherer Rohstoffpreise und einer geänderten Streckenführung von acht auf 14 Milliarden Euro erhöht.

"Der Wettbewerb zwischen beiden Projekten ist voll im Gange" , sagt Rahr. Potentielle Lieferanten wie Turkmenistan und Aserbaidschan haben sich bislang noch nicht festgelegt, welches der beiden Projekte sie beliefern werden und können.

Schwierige Verhandlungen

Außer Fragen der europäischen Energiesicherheit wird Putin über ein neues EU-Russland-Partnerschaftsabkommen und den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation verhandeln. Die Gespräche, die sich im Fall des Partnerschaftsabkommens drei Jahre und in Sachen WTO-Beitritt bereits 17 Jahre hinziehen, dürften auch diesmal schwierig werden.

Russland ist derzeit in einer stärkeren Verhandlungsposition als beim letzten Treffen der Regierung mit der EU-Kommission im Februar 2009. "Mit jeder Schlagzeile aus Nordafrika und der Golfregion wird das auf Energie basierende geopolitische Gewicht Russlands erhöht" , sagt Chris Weafer, Chefstratege der russischen Investmentbank Uralsib. (Verena Diethelm, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.2.2011)