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Grafik: APA

Wien - Das Institut für höhere Studien (IHS) wird seine Inflationsprognosen für das laufende und kommende Jahr merklich erhöhen: Statt der bisher erwarteten Teuerung von zwei Prozent im heurigen Jahr wird es demnach eine Teuerung um bis zu 2,4 Prozent geben. Die bisherige Prognose von 1,8 Prozent für 2012 wird auch bis zu 2,5 Prozent erhöht, sagte IHS-Chef Bernhard Felderer am Mittwoch. Als Begründung nannte er die hohen und weitersteigenden Preise von Erdöl und Rohstoffen.

Erdölpreise verdreifacht

Nach dem Preissturz Mitte 2008 im Gefolge der Wirtschaftskrise haben sich die Erdölpreise bis jetzt wieder verdreifacht, der Kupferpreis verdoppelt und die Weizenpreise haben sich seit Mitte 2010 mehr als verdoppelt. All diese "externen Faktoren" würden Auswirkungen auf die Teuerung in der Eurozone haben, ist Felderer sicher.

Das IHS, das zusammen mit dem Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) jedes Quartal eine umfassende Wirtschaftsprognose erstellt, geht von bestenfalls gleichbleibenden, alternativ bis auf 120 Dollar steigenden Ölpreisen aus. "Wir haben bei der letzten Prognose im Dezember nicht damit gerechnet, dass das so weitergeht, aber es geht offensichtlich so weiter." Sollte sich das Wirtschaftswachstum weiter erhöhen, müssten die Inflationsprognosen weiter erhöht werden, sagte Felderer. "Wir gehen nicht davon aus, nach unten korrigieren zu müssen - wenn es eine Revision gibt, dann nach oben."

Felderer geht nicht davon aus, dass ein Euro-Staat eine Umschuldung braucht oder gar die Gemeinschaftswährung als ganzes in Gefahr ist. "Die Griechen haben bis auf Kleinigkeiten alles erfüllt, was sie versprochen haben und die tiefsten Einschnitte gemacht, die es in Europa bisher gegeben hat", sagte Felderer am Mittwoch. Er sehe weder für Griechenland noch für Portugal Anlass zu besonderem Pessimismus.

Ein Austritt aus der EU oder ein Verlassen der Eurozone "wäre für Griechenland eine absolute Katastrophe", weil die Schulden weiter in Euro wären und sich in der schwächeren Nachfolgewährung wahrscheinlich verdoppeln würden. Wenn, dann würde es bei Griechenland zu einer Fristerstreckung kommen, meint er. Eine Reihe von Wortmeldungen in den vergangenen Tagen geht davon aus, dass eine Umschuldung wenigstens Griechenlands eine ausgemachte Sache ist.

Dass die Kapitalmärkte seit Monaten keine nennenswerte Entspannung signalisieren führt Felderer darauf zurück, dass die für die Anleihen verantwortlichen Manager vielfach "weit ab vom Schuss" säßen und besondere Vorsicht walten ließen. Die Sekundärmarktrenditen (auf zehnjährige Anleihen) von Griechenland, Irland, Spanien und Italien befinden sich seit Monaten auf sehr hohem bzw. hohem Niveau, ohne Anzeichen der Entspannung zu zeigen. Die von Portugal (aktuell 7,47 Prozent) steigt weiter.

Ökonom sieht Zentralbanken hinter Preisauftrieb

Die steigenden Rohstoffpreise und höheren Teuerungsraten sind nicht primär auf politische Krisen, sondern auf die Reaktion der Zentralbanken auf die Wirtschaftskrise zurückzuführen, sagt hingegen der Wiener Ökonom Gregor Hochreiter. "Der monetäre Aspekt der Erklärung fällt meist unter den Tisch." Nach Hochreiters Ansicht ist der gegenwärtige Preisauftrieb Folge der Geldmengen, die 2009 in das Geldsystem gepumpt und nicht mehr abgezogen wurden.

Der Vorstand des Instituts für Wertewirtschaft rechnet zwar kurzfristig mit einem Nachlassen der Teuerung, fürchtet aber, dass die Zentralbanken auf die Staatsschuldenkrise mit erneuter inflationistischer Geldausweitung reagieren werden.

"M1 (engste Geldmenge, Anm.) ist 2009 in der Eurozone um 12,4 Prozent gewachsen, 2010 nur mehr um 4,4 Prozent", sagte Hochreiter. "Das Geld erreicht die Konsumentenpreise mit einer Zeitverzögerung von 12 bis 18 Monaten." Von daher sei die aktuelle Teuerung "eine Folge der Geldmengenausweitung 2009". Wegen des nachlassenden Geldmengenwachstums werde es in absehbarer Zeit zu einer Entspannung kommen - inwieweit die Rohstoffpreise ihren Anstieg verlangsamen oder gar zurückgehen würden, sei auch eine Frage der Konjunktur.

Längerfristig "liegt das große Bedrohungspotenzial aber in der Reaktion der Zentralbanken auf die Verschuldungskrise der Staaten", sagte Hochreiter. Wenn diese mit einer erneuten Ausweitung der Geldmengen reagierten, "wird es mittel- bis langfristig einen beschleunigten Preisauftrieb geben." Auch die vielbeschworene Spekulation mit Rohstoffen habe letztlich ihre Ursache im Kurs der Zentralbanken, "weil die neu geschaffenen Dollars und Euros Anlagemöglichkeiten suchen".

EZB-Ziel liegt bei zwei Prozent

Die Währungshüter der EZB sehen Preisstabilität bei knapp unter zwei Prozent liegt. Auch Finanzmarktexperten gehen davon aus, dass die Inflation im Euroraum anziehen wird. Nach einer Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erwarten die 227 im Februar befragten Finanzfachleute für das laufende Jahr eine Inflationsrate von zwei Prozent - nach 1,6 Prozent im Vorjahr.

Im kommenden Jahr werden die Preise demnach im Median um 2,4 Prozent anziehen. Die Experten gehen nun davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bald reagiert und an der Zinsschraube dreht, zumal sich die konjunkturelle Lage deutlich verbessert habe.

Im Kampf gegen die Finanzkrise hatte die EZB die Leitzinsen auf das Rekordtief von 1,0 Prozent gesenkt, um die Konjunktur zu stimulieren. Zudem hatte sie den Markt unbegrenzt mit billigem Geld versorgt. Die Notenbank hat bereits begonnen, diese Maßnahmen allmählich zurückzufahren. (APA/red)