Tokio - Nach Standard & Poor's richtet nun auch die Ratingagentur Moody's einen Warnschuss an die japanische Regierung und erhöht den Reformdruck. Sollte es Japan nicht gelingen, den riesigen Schuldenberg abzubauen und das ausufernde Defizit in den Griff zu bekommen, sei die aktuelle Bonitätsnote Aa2 für das Land langfristig nicht zu halten, erklärten die Moody's-Experten am Dienstag. Japan, das derzeit vom fünften Ministerpräsidenten seit 2006 regiert wird, brauche derzeit vor allem politische Stabilität, um Reformen umsetzen zu können. Die Regierung unter Naoto Kan steht allerdings unter wachsendem Druck, Neuwahlen anzusetzen. "Eine effektive Haushaltsreform erfordert aber Stabilität an der Regierungsspitze", sagte Moody's-Experte Tom Byrne.

Staatsanleihen unbewegt

Der Yen gab zeitweise nach, japanische Staatsanleihen bewegten sich kaum, nachdem die Agentur ihren Ausblick gesenkt hatte. Auch Moody's selbst rechnet nicht damit, dass Japan mittelfristig in finanzielle Schwierigkeiten kommt, obwohl der Schuldenberg bei gut dem Doppelten der Wirtschaftsleistung liegt und damit so groß ist wie in keinem anderen Industriestaat der Welt. Doch ungefähr 95 Prozent der japanischen Staatsanleihen liegen in den Depots japanischer Anleger. Damit haben ausländische Investoren kaum Druckmittel zur Hand - anders als bei Griechenland. Die japanische Gesellschaft altert aber. Und wenn immer mehr Rentner ihre Ersparnisse angreifen, um ihren Ruhestand zu finanzieren, könnte es eng werden für die Staatsfinanzen. Gehe die Sparquote zurück, dürften die Zinsen steigen, sagte auch Byrne.

Ministerpräsident Kan, der seit Juni 2010 im Amt ist, will nun das Sozialsystem auf eine bessere Basis stellen und dazu die Mehrwertsteuer erhöhen. Derzeit liegt diese Steuer in Japan bei fünf Prozent und damit deutlich niedriger als in den meisten anderen Industriestaaten. Kan hat die Opposition um Mithilfe gebeten, um die Haushaltsreform auf den Weg zu bringen, doch seine politischen Gegner lehnen es ab, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen. Sie drohen damit, den Haushalt zu blockieren, und fordern Neuwahlen. Auch aus seiner eigenen Partei kommt Gegenwind auf den in der Bevölkerung unbeliebten Kan zu.

Bewusstseinsbildung

Analysten sehen in den zunehmend kritischen Äußerungen der Ratingagenturen aber auch Chancen: "Herabstufungen durch internationale Agenturen werden bei der Bevölkerung ein Bewusstsein dafür schaffen, wie ernst es um die Finanzen bestellt ist", sagte Takuji Okubo, Japan-Chefvolkswirt bei Societe Generale. "Eine derartige Stimmung in der Bevölkerung könnte den japanischen Politikern dabei helfen, die Haushaltsreform auf den Weg zu bringen." Kan beteuerte nach der Moody's-Entscheidung, es sei nötig, weiter zu sparen. "Eine Umsetzung der Reformen im Steuer- und Sozialsystem ist das Wichtigste, um das Vertrauen an den Märkten zu gewinnen", sagte er. Experten fordern zugleich aber die Verantwortlichen dazu auf, ausreichende Schritte einzuleiten.

Erst Ende Jänner hatte Standard & Poor's ihre Note für japanische Staatsanleihen auf AA- gesenkt. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) mahnte einen Sparkurs an und warnte vor einem Übergreifen der europäischen Schuldenkrise auf das asiatische Land. (Reuters)