Internationalität wird in manchen renommierten Unternehmen nicht geschätzt - trotz bester Qualifikation wurde eine Frau abgelehnt, weil sie "Ausländerin" ist.

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Ehrlichkeit ehrt, heißt es. Sogar Louise K. (Name geändert) weiß diese Eigenschaft beim Geschäftsführer eines renommierten Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsbüros in Wien zu schätzen. "Dieser Mann hat wenigstens die Wahrheit gesagt", betont die 38-jährige, jobsuchende Frau; sie hat bisher als Assistentin und am Empfang gearbeitet. Louise K. hat jahrelange Berufserfahrung und spricht fünf Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Japanisch.

"Die Wahrheit" aus Geschäftsführermund ereilte sie am Ende eines mehrstufigen Bewerbungsverfahrens. Louise K. hatte sich gegen eine Vielzahl MitbewerberInnen durchgesetzt, sich als bestgeeignete JobkandidatIn qualifiziert. Nun saß sie zusammen mit zwei Damen aus der Firma für ein letztes Einstellungsgespräch dem Chef gegenüber. Dieser erging sich in Lob: Sie erfülle wirklich alle Voraussetzungen für die Stelle, habe die besten Qualifikationen.

"Wahrheit" vom Chef

Nur, leider: "Wir haben eine konservative Kundschaft. Ich weiß nicht, wie die reagiert, wenn sie Sie als Gesprächspartnerin hat. Sie als Ausländerin." Den Job bekam jemand anderer. 

Tatsächlich hat sich die mit einem Österreicher verheiratete Brasilianerin Louise K. ihre Deutsch-, Englisch-, Spanisch-, Portugiesisch- und Japanischkenntnisse nicht nur in Sprachkursen angeeignet. Sondern zum Teil daheim: In Brasilien geboren, wurden ihr Spanisch und Portugiesisch sozusagen in die Wiege gelegt. Neun Jahre lebte und arbeitete sie in Japan: Ihr Vater ist ein nach Südamerika ausgewanderter Japaner. Und auch zum Deutschen, das sie fehlerlos spricht, hat sie einen familiären Bezug. Ihre Großmutter mütterlicherseits kommt aus einer deutsch-italienischen Familie.

Doch eine solche Multi- oder auch Internationalität bringt im Österreich des Jahres 2011 Nachteile. Beim Einkaufen oder in der Straßenbahn werde sie allein aufgrund ihres Aussehens immer wieder beschimpft, schildert Louise K.. Und zwar, den von Populisten und Boulevardmedien eintrainierten "Fremden"-Bildern entsprechend, als Türkin oder Ex-Jugoslawin, die besser "zurück nach Hause fahren" solle, weil man sie "hier nicht braucht".

Weltläufig nur nach außen

Ihre Jobablehnungserfahrung in der renommierten Unternehmensberatung, die übrigens klar gegen das Gleichbehandlungsgesetz verstößt, könnte indes auch eine "Wahrheit" über Teile der so genannten besseren Gesellschaft in Österreich verraten. Nämlich, dass Weltläufigkeit und Internationalität, wie sie nicht zuletzt auch besagte Firma nach außen hin herausstreicht, oft überhaupt nicht gelebt werden.

Ja, vielleicht, wenn man ausländische Kunden hat oder in andere Länder expandiert. Doch der heimischen, traditionellen Klientel gegenüber gibt man sich stramm österreichisch. Oder glaubt, das tun zu müssen: Kein "ausländisches" Gesicht am Empfang. 

Irene.Brickner@derStandard.at

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