Wien- Feste soll man feiern, wie sie fallen. Und so fanden sich Donnerstagabend im Wiener Konzerthaus Freunde, Bekannte und Fans des österreichischen Komponisten Friedrich Cerha ein, um mit ihm seinen 85. Geburtstag gebührend zu zelebrieren. Neben seiner Ehefrau Gertraud, Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) oder dem künstlerischen Leiter von Wien Modern, Matthias Losek, gratulierten allen voran die Musiker dem Jubilar, der mit seinen Kompositionen wesentlich zum heutigen Bild und Stellenwert der Neuen Musik beigetragen hat.

Konzerthausintendant Bernhard Kerres eröffnete den Abend mit Glückwünschen für das Geburtstagskind und meinte, "es ist ein bisschen eine Ehre", mit ihm feiern zu dürfen, ist dies doch sonst Familie und Freunden vorbehalten. Den musikalischen Auftakt machte der Arnold Schönberg Chor unter der Leitung von Erwin Ortner mit der A-capella-Komposition "Zehn Rubaijat des Omar Khajjam". Nach diesen "zehn Stücken im Volkston, wo jeder mitsingen kann", wie Ortner lakonisch kommentierte, gab es ein "Geschenk für unseren Cerha" und damit eine Überraschung im Programm: Cerhas "Vier Hölderlin-Fragmente" kamen zur Aufführung, die der Komponist "heute zum ersten Mal" gehört hat, wie er später erklären sollte.

Den vokalen Kunststücken des in diesem Jahr für einen Grammy nominierten Chor folgte das "Quintett für Klarinette in A und Streichquartett", interpretiert von Andreas Schablas, Ernst Kovacic, Stephanie Baubin, Thomas Selditz und Reinhard Latzko. Das von Cerha 1958 gemeinsam mit Kurt Schwertsik gegründete Ensemble "die reihe" durfte im Gratulationsreigen natürlich nicht fehlen und gab unter dem Dirigat von Heinrich Schiff nach der Pause - die viele für persönliche Glückwünsche an den Jubilar nutzten - das "Phantasiestück in C.s Manier" zum Besten. Changierend zwischen traumwandlerischen Klängen und spannungsgeladenen Passagen durfte allen voran Bruno Weinmeister als Solist ausgiebigen Applaus und Bravo-Rufe entgegen nehmen - nebst dem Komponisten natürlich.

Der wurde danach kurzerhand auf die Bühne geholt, wo ihm Peter Oswald, Intendant des Arcana Festivals für Neue Musik und Betreiber des Labels "Kairos", zwei "Artefakte, die von deiner Alterswildheit zeugen", überreichte. Dabei handelte es sich um zwei neu erschienene CDs mit u.a. Cerhas großem Orchesterwerk "Spiegel I-VII" sowie der Studienpartitur zu "Bruchstück:geträumt".

"Ich habe gar nicht gewusst, dass ich so viele Freunde habe", meinte der Beschenkte anschließend, und sorgte in seiner kurzen Rede für den komödiantischen Höhepunkt des Abends. In einer großen österreichischen Tageszeitung sei das Geburtstagsfest im Mozartsaal für Friedrich Gulda angekündigt gewesen: "Für alle die mich vom Ansehen her nicht kennen, ich bin nicht der Gulda. Obwohl ich glücklich wäre, nur halb so gut Klavier spielen zu können wie er." Cerha dankte allen voran seiner Frau, die zur "unabdingbaren Basis meiner Existenz geworden ist" und fügte augenzwinkernd hinzu: "Mit 89 möchte ich eigentlich sterben, schon alleine deswegen, um meiner Frau den Rummel um meinen 90. Geburtstag zu ersparen."

Abgerundet wurde der Abend mit "Eine Art Chansons", das Mitglieder der "reihe" und HK Gruber zu einem wahren Genuss werden ließen. Hier traf sich Cerha'sche Klangkunst mit der Wortakrobatik Ernst Jandls und kumulierte in ein wunderbar unterhaltsames Potpourri. Ein gelungenes Fest, das umso mehr Lust macht auf künftige Aufführungen von Cerhas Werken. Eine Gelegenheit bietet 2011 etwa das Festival Wien Modern, das am 28. Oktober mit seinem Opus Magnum "Spiegel I-VII" eröffnet wird. (APA)