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Erwin Schrott als Graf Almaviva, Sylvia Schwartz als Susanna und Benjamin Bruns als Basilio

Foto: APA/ Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien - Es war längst fällig, dass an der Wiener Staatsoper bezüglich Mozart ein paar frische Ideen Einzug halten. Dass Direktor Dominique Meyer dabei in seiner ersten Saison auf Regisseur Jean-Louis Martinoty zurückgriff, erwies sich unlängst, beim Don Giovanni, allerdings als nicht die beste aller möglichen Ideen. Das war alles andere als ein frischer Musiktheaterknüller, eher starres Historientheater. Nun nahm sich der zumindest musikhistorisch sehr kundige Martinoty abermals Mozart vor, also Figaros Hochzeit, wobei: es handelt sich dabei um eine recht alte Pariser Inszenierung (Theatre des Champs-Elysees), die hier natürlich in einer neuen Besetzung präsentiert wurde.

Und zur Besetzung lässt sich auf die Schnelle vorerst folgendes feststellen: Erwin Schrott zeiget als Graf, dass er ein relativ differenzierter Darsteller ist, der im Vokalen zu hoher galanter Kunst und aufleuchtender Intensität befähigt ist. Dorothea Röschmann gibt eine tragfähige Gräfin, und Sylvia Schwartz (als Susanna) kommt mit recht kleiner Stimme irgendwie über die Rampe. Luca Pisaroni (als Figaro) verfügt hingegen über jene routinierte Lebendigkeit im Vokalen und Darstellerischen, um neben Schrott sehr gut abzuschneiden. Bestenfalls solide Anna Bonitatibus als Cherubino.

So ist Martinoty bei dieser humorigen Auflösung des aristokratischen Machtgefüges etwas mehr an offensiv sich entfaltender Theatralik gelungen. In einem aus Schräge, schiefen Wänden und Gemälden, die allerlei Gegenstände des häuslichen Alltagslebens abbilden (das Bühnenbild stammt von Hans Schavernoch), gelingt ihm eine bisweilen solide Komödie der wandernden Leidenschaften. Mit kleinen gestischen Pointen gewürzt, fühlt man sich von der Inszenierung bisweilen über den Mangel an Werkdeutung getröstet. Bieder ist das Ganze dennoch, und es erstarrt hin und wieder doch gänzlich in träger Konvention. Franz Welser-Möst und das Staatsopernorchester setzen auf schlanken Sound, sachkundige Beleitung und tragfähigen musikalischen Fluss. Das ganze ist sängerfreundlich, im ersten Akt hin und wieder etwas anämisch. Applaus für viele, für den Regisseur gab es Buhs.  (Ljubisa Tosic/ DER STANDARD, Printausgabe, 17.2.2011)