Die Studenten bemerken oft gar nicht, dass sie in einem Passivhaus wohnen

Foto: STANDARD/Cremer

Wien - Stephan führt seit drei Semestern ein energetisch sparsames Leben - besonders im Hinblick auf seine Unterkunft. Der Pharmaziestudent aus Stuttgart ist einer der rund 300 Bewohner des Passivhaus-Studentenheims Molkereistraße im zweiten Wiener Gemeindebezirk, das vom Österreichischen Austauschdienst (OeAD) betrieben wird. "Das Wohnen hier unterscheidet sich kaum von dem in einem gewöhnlichen Haus, außer dass es rund um die Uhr Frischluft gibt und man im Badezimmer nicht wegen Schimmel aufpassen muss", erklärt Stephan.

Bei der Fertigstellung im Jahr 2005 war dieses Wohnheim nicht nur die weltweit erste Studentenbleibe in Passivhausqualität, sondern auch das größte Passivhaus der Welt. Mittlerweile haben mehr als 4000 internationale Studenten in der Molkereistraße gewohnt, das Feedback ist durchwegs positiv - auch wenn manchen vielleicht gar nicht klar ist, was es mit diesem Gebäude so alles auf sich hat. Denn: Einem Passivhaus sieht man nicht zwangsläufig an, dass es eines ist.

Freundliche Bewohner

Erasmus-Austausch-Studentin Julia aus Valencia findet nämlich, dass die größten Vorteile des Wohnheimes die freundlichen Bewohner und das schnelle Internet seien. Politik-Studentin Veronica aus Udine kommt der Sache schon ein bisschen näher: "They told us not to open the window!"

Einstimmigkeit herrscht beim Thema Wohlfühlfaktoren: Wohnklima und kommunikative Atmosphäre sind in diesem Haus hervorragend.

Weil das Verständnis der Passivhaus-Komponenten direkt mit deren erfolgreichem Funktionieren zusammenhängt, hat Günther Jedliczka, Geschäftsführer des OeAD-Housing, ein eigenes "User-Manual" für die Studenten erarbeitet. Die Kernpunkte: Ein komfortables Raumklima mit konstanter Temperatur zwischen 17 und 25 Grad Celsius entsteht nur dann, wenn die Fenster im Winter nicht verschattet und unnötig gekippt werden, alle Luftöffnungen freigehalten werden und der Spalt unterhalb jeder Tür nicht mit einem Teppich abgedichtet ist.

Nullenergiehaus in Aspern 

Neben der "Molkereistraße" führt der OeAD mittlerweile auch ein Passiv-Heim in Graz und zwei weitere in Wien, samt eigenen Fotovoltaikanlagen. Für das Stadtentwicklungsgebiet "Seestadt Aspern" heißt das ehrgeizige Ziel: Nullenergiestudentenhaus. In Nullenergiegebäuden wird für die Erzeugung von Warmwasser, Heizung, elektrischem Strom und eventuell Kälte die benötigte Energie im Haus, am Dach oder an den Außenflächen erzeugt. Schon in zwei bis drei Jahren sollen in etwa 350 junge Menschen im neuen Nullenergiegästehaus in Aspern leben - völlig ausgeglichen und unabhängig von externer Energie. (Ulrike Macenka, DER STANDARD Printausgabe, 17.2.2011)

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