Die vier terrorverdächtigen Wiener Kunststudierenden sind auf Wahrung ihrer Anonymität bedacht. Der Verfassungsschutz ermittelt insgesamt bereits seit über einem Jahr gegen sie

Foto: STANDARD/Fischer

Wien - Hannes Jarolim, Justizsprecher der SPÖ, spricht von einem weiteren, "höchst problematischen" Justizfall. Der Wiener Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sieht seine "prinzipiellen Vorbehalte gegen die 278er-Paragrafen bestätigt": Der Terrorverdacht gegen vier Wiener Studierende in Zusammenhang mit einem Videofilm über eine Abschiebung erneuert die Kritik an den Strafgesetzparagrafen, die mafiöse und terroristische Gruppierungen bekämpfen sollen.

Besagte zwanzig Videoeinheiten dokumentieren den Weg eines Polizeitransports aus der Schubhaft in der Wiener Rossauer Lände bis unmittelbar vor dem Abflug von Wien-Schwechat am 23. Juni 2010 ins nigerianische Lagos. Das Filmmaterial wurde bei einer Hausdurchsuchung im vergangenen Sommer gefunden.

Beweislast-Umkehr

Seither ermittelt das Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wegen des mit der höchsten Strafe (bis zu zehn Jahre) bedrohten Organisationsdelikts: Der Verdacht geplanter Störung des Flugverkehrs und der Gefangenenbefreiung steht im Raum. "Das Problem bei 278er-Ermittlungen ist, dass Verdächtigen keine konkrete Beteiligung an einschlägigen Plänen bewiesen werden muss, um strafwürdig zu sein. Die Beteiligung kann - wörtlich - auch 'auf andere Weise' erfolgen", sagt Funk. So komme es zu einer Art Beweisumkehr. "Die Verdächtigen müssen sich bemühen, den Verdacht gegen sie zu zerstreuen."

Laut den vier Studierenden, gegen die auch wegen eines Brandanschlags auf eine Wiener AMS-Filiale ermittelt wird, wurde das Video im Rahmen eines Projekts an der Akademie der bildenden Künste angefertigt. Bei der Staatsanwaltschaft Wien, die nach Erhalt des polizeilichen Abschlussberichts über eine Terroranklage entscheiden wird, glaubt man das nicht. Ein Unterrichtender der Uni habe seine ursprünglichen, die Version der Studierenden stützenden Aussagen zurückgezogen, sagt dort eine Sprecherin. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe, 17.2.2011)

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