Der serbische Unabhängige Journalistenverband (NUNS) hat an die Behörden appelliert, die Verantwortlichen für die Todesanzeigen für den TV-Sender "B-92" ausfindig zu machen. Sie waren in der Kleinstadt Lazarevac unweit Belgrads aufgetaucht, nachdem der Sender in den vergangenen Wochen eine dreiteilige Sendereihe über die Finanzmachenschaften und Amtsmissbrauch im dortigen staatlichen Kohleabbauwerk Kolubara brachte.

Plakate mit der Aufschrift "Nein für B-92" wurden auch in unmittelbarer Nähe der städtischen Polizeistation angebracht. Die Polizei ging den Drohungen an den Sender und seine Mitarbeiter bisher nicht nach. In Belgrad wurden aufgrund der Sendereihe Ermittlungen gegen mehrere hundert frühere und jetzige Beschäftigte im Kohletagbau eingeleitet.

"Unumwundene Drohung"

Das Unternehmen soll jahrelang bedeutende Geldsummen für den Einsatz von Maschinen privater Firmen ausgegeben haben. Mehrere befanden sich im Besitz der Mitglieder der Geschäftsführung selbst. Die Ausgaben sollen vor allem in der Zeitspanne der Regierung des nationalkonservativen Premiers Vojislav Kostunica (2004-2008) gestiegen sein, als alleine für den Einsatz von Privatmaschinen laut "B-92" rund 110 Mio. Euro ausgegeben wurden.

"Die Todesanzeigen stellen zweifelsohne eine unumwundene Drohung an die Journalisten, aber auch eine Warnung an die potenziellen Zeugen dar, wie es ihnen ergehen könnte, sollten sie offen über den Amtsmissbrauch in Kolubare reden", stellte die NUNS-Vizevorsitzende Jelka Jovanovic fest.

Die Sendereihe wurde von der "Insider"-Redaktion des Senders produziert. Die langjährige Insider-Redakteurin Brankica Stankovic musste wegen Morddrohungen Ende 2009 ihre Recherchen vorübergehend einstellen. Zuvor hatte sie die Organisierte Kriminalität im Fußballbereich untersucht. Seitdem steht sie rund um die Uhr unter Polizeischutz. (APA)