Auf Druck der EU-Kommission hat sich Ungarn zu mehreren Änderungen an seinem umstrittenen Mediengesetz bereiterklärt. Die ungarische Regierung und die EU-Kommission einigten sich am Mittwoch auf vier konkrete Punkte, teilte ein Sprecher der für digitale Medien zuständigen EU-Kommissarin Neelie Kroes in Brüssel mit. Die in dem Gesetz ursprünglich vorgesehene Pflicht zur "ausgewogenen Berichterstattung" wird demnach - so wie in anderen EU-Staaten üblich - auf den Bereich des Rundfunks beschränkt.

Die Anforderung nach "ausgewogener Berichterstattung" hätte ursprünglich über den Rundfunk hinaus auch auf On-Demand-Dienste und Videoblogs Anwendung finden können, sagte EU-Kommissionssprecher Jonathan Todd. Damit hätte Ungarn nicht nur gegen die EU-Richtlinie zu audiovisuellen Medien, sondern auch gegen die Niederlassungsfreiheit und Artikel 11 der Grundrechtecharta (Achtung von Medienfreiheit und -pluralismus) verstoßen. "Die Änderungen, die jetzt vereinbart wurden, beschränken die Anforderung nach ausgewogener Berichterstattung auf den Rundfunk, wie das in anderen Mitgliedstaaten der Fall ist, und betreffen nicht mehr On-Demand-Mediendienste." Auch im Rundfunk-Bereich müsse aber das Prinzip der Ausgewogenheit gewahrt bleiben, sagte Todd.

Ausländische Medien könnten bei Verstößen gegen das ungarische Mediengesetz ebenfalls nicht mehr mit hohen Geldstrafen belegt werden, so der Sprecher. Das Gesetz sieht bei Zuwiderhandlungen drastische Strafen bis zu 200 Millionen Forint (738.634 Euro) vor.

Zulassungspflicht fällt

Die Regierung in Budapest erklärte sich zudem bereit, eine vorherige behördliche Zulassungspflicht von Medien fallen zu lassen. Medien müssen sich nach den neuen Bestimmungen nur mehr binnen 60 Tagen bei den Behörden registrieren lassen. Zudem sei eine Bestimmung eingeschränkt worden, wonach Medien auch implizit keine Personen oder Gruppen beleidigen dürften. Eine so weit anwendbare Bestimmung wäre nach Ansicht der EU-Kommission "unverhältnismäßig" und könnte gegen die EU-Grundrechtecharta verstoßen. Die Bestimmung sei nunmehr nur in einem kleinen Bereich, nämlich bei Aufstachelung zu Hass oder bei Diskriminierung, zulässig.

Kroes sei mit den Änderungen sehr zufrieden, kündigte aber an, die Situation und die praktische Umsetzung weiter zu beobachten. Ungarn will nach Angaben des Sprechers die Änderungen im Schnellverfahren "innerhalb der kommenden zwei Wochen" beschließen. "Wir sind zufrieden und glauben, dass diese Änderungen auf alle unsere Sorgen eingehen, was die Vereinbarkeit mit EU-Recht betrifft. Aber wir werden jetzt die Umsetzung in der Praxis beobachten", sagte Todd.

Medienbehörde wurde nicht untersucht

Die EU-Kommission hat nicht die von Kritikern kritisierte Zusammensetzung der ungarischen Medienbehörde untersucht, deren Mitglieder vom Parlament auf neun Jahre ernannt wurden und alle der regierenden national-konservativen Fidesz-Partei nahestehen. Die Änderungen hätten aber insofern Auswirkungen, als "die Grundlage, auf der die Medienbehörde intervenieren kann, sich ändert", sagte der EU-Kommissionssprecher.

Im Gegensatz zu den Telekom-Regulierungsbehörden gebe es aber keine EU-Bestimmungen zu Medienbehörden. In der EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien gebe es zwar den Hinweis auf "unabhängige Medienbehörden", doch keine Kriterien, um diese zu definieren. Die EU-Kommission habe dies zwar vorgeschlagen und sei dabei vom Europaparlament unterstützt worden, doch der EU-Ministerrat sei dem beim Beschluss des Gesetzes nicht gefolgt. Der Kommissionssprecher erklärte, die Brüsseler Behörde verschaffe sich auch gerade ein Bild von der Funktionsweise von Medienbehörden in anderen EU-Ländern. (APA)