Gleich in mehreren Themenbereichen fällt dieser Tage auf, dass es einen breiten Wunsch nach bestimmten Quoten gibt. Etwa im hier ausführlich beschriebenen Dilemma mit den kaum noch aufzufindenden Mehrwegflaschen im Getränkehandel. Seit zehn Jahren gibt es Bestrebungen, dies zu ändern, bisher ohne Erfolg, weil freiwillige Selbstverpflichtungen von Handel und Industrie nicht gefruchtet haben.

In etwa ebenso lange wird auch über Frauenquoten in Aufsichtsräten heimischer börsenotierter Unternehmen geredet. Die jüngste Diskussion darüber hat EU-Gleichstellungskommissarin Viviane Reding entfacht. Sie will gesetzlich festgelegte Qoten. Dass es ohne diese "leider nicht geht", stellte auch Österreichs Innenministerin Maria Fekter kürzlich in einem STANDARD-Interview fest. Auch SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch Hosek wünscht sich verpflichtende Quoten, hat aber "erkennen müssen, dass der Koalitionspartner und die Wirtschaft noch nicht bereit dafür sind", sagte sie dem "Falter".

In Frankreich muss man schon bereit dafür sein: Verwaltungsräte müssen dort künftig einen Frauen-Anteil von 40 Prozent aufweisen, statt bisher höchstens zehn. Erreicht werden soll dies mittels schrittweiser Anhebung in den nächsten sechs Jahren. Auch in Großbritannien, Spanien, den Niederlanden und Schweden wird über Frauenquoten in Aufsichtsräten diskutiert.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel nannte es sogar einen "ziemlichen Skandal", dass in den 200 größten deutschen Unternehmen derzeit nur drei bis vier Prozent der Führungspositionen von Frauen besetzt sind. Die baldige Einführung einer verpflichtenden Quote für Vorstände und Aufsichtsräte wird dennoch von der Berliner Koalition - nicht zuletzt von Merkel selbst - mehrheitlich abgelehnt. Man pocht auf freiwillige Vereinbarungen.

Derartige Selbstverpflichtungen sind aber meist das Papier nicht wert, auf das sie geschrieben werden. Als Beweis dafür drängt sich Norwegen auf: Die skandinavische Monarchie hat als erstes Land der Welt 2005 eine Frauenquote für Verwaltungsräte eingeführt - und zwar, nachdem eine freiwillige Vereinbarung nicht den gewünschten Erfolg brachte. Heute ist das norwegische Modell, wie eine Evaluation der beiden Soziologinnen Aagoth Storvik und Mari Teigen für die Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Vorjahr zeigt (siehe pdf), weitgehend akzeptiert. "Die erfolgreiche Umsetzung der Quote war vor allem den mit ihr verbundenen Sanktionen geschuldet", heißt es dort. Als härteste Sanktion drohte Unternehmen nämlich nicht weniger als die Auflösung; manche Firmen änderten deshalb ihre Gesellschaftsform. Das Gesetz gilt nämlich "nur" für alle Unternehmen im Staatsbesitz und für alle privaten Aktiengesellschaften.

In Norwegen wird heute deshalb eher diskutiert, ob man mit dem Gesetz damals nicht zu wenig weit ging, indem man etwa GmbHs nicht verpflichtete. Andererseits zeigt sich beispielsweise auch, dass nun vier von zehn Mitgliedern der Aufsichtsräte großer norwegischer Unternehmen Frauen sind, dass es diese aber eher selten in die Position der Vorsitzenden schaffen. Im Vergleich zu Österreich, wo nicht einmal jedes zehnte Aufsichtsratsmitglied weiblich ist, ist das aber geradezu ein Luxusproblem.

Frauenministerin Heinisch-Hosek hat zuletzt angekündigt, bis 2014 mit einer Zwangsverpflichtung à la Norwegen warten zu wollen. Wenn bis dahin nicht 25 Prozent der Aufsichtsräte Frauen sind, will sie eine gesetzliche Regelung schaffen.

Sie sollte diese aber lieber gleich anstreben. Denn einerseits hat es auch in Norwegen letztlich fast zehn Jahre gedauert, die Frauenquote zu beschließen. Und andererseits wird die Freiwilligkeit aller Voraussicht nach auch hier nicht zum gewünschten Erfolg führen. Jede Wette. (Martin Putschögl, derStandard.at, 15.2.2011)