V. l. n. r.: Michikazu Matsune (Konzept und Regie), Paulina Sarbinowska und Xiaoshu Alice Hu (Performance), Mischa G. Hendel (Cinematography)

Foto: Peter Mayr
Foto: Peter Mayr

"Es ist sehr selten, dass eine Performance in Gebärdensprache stattfindet, und diese dann in die Lautsprache übersetzt wird. Oft ist es der umgekehrte Weg." Genau darum wollte Michikazu Matsune eine Theaterperformance machen, in der die gehörlosen Menschen und deren Gebärdensprache als Ausdrucksform mit eigener Kultur, Gemeinschaft und Geschichte im Zentrum stehen. Diesmal sollten es die Hörenden sein, die Informationen aus zweiter Hand übersetzt bekommen.

Was den aus Japan stammenden Künstler schon seit längerem interessiert, sind Ausdrucksmöglichkeiten durch Bewegung. Michikazu: "Es gibt diesen Begriff im Tanzbereich, die 'Tanzsprache'. Für mich ist das irgendwie unbefriedigend, weil es immer noch abstrakt ist und nie eine konkrete Ausdrucksmöglichkeit darstellt. So bin ich auf die Gebärdensprache gekommen."

"Scouting" in der Gehörlosen-Community

Sein Perfomance-Team hat Michikazu zunächst im Internet, und dann auf Streifzügen durch die Wiener Gehörlosen-Community kennengelernt. So traf er auf Xiaoshu Alice Hu und Paulina Sarbinowska, die sich bereits lange kennen und schon gemeinsam an künstlerischen Projekten arbeiteten. Über die beiden lernte er dann Jonas Akanno kennen, der zwar erstmals bei einer Theaterperformance dabei ist, dafür aber schon viel Erfahrung als Tänzer mitbringt. Schließlich kam noch Schauspieler und Jongleur Nicolas Cheucle mit ins Boot, der extra für das Projekt aus Frankreich eingeflogen wurde.

Michikazu selbst beherrscht die Gebärdensprache bislang nur wenig, fand aber in Florian Schweitzer, den er bei einem Gehörlosen-Pokerabend kennengelernt hatte, einen guten Übersetzer für sein Projekt. Schwierigkeiten beim ersten In-Kontakt-Treten und Kennenlernen habe es nie gegeben, denn über Skype und andere neue Medien sei es sehr einfach geworden, auch ohne die gesprochene Sprache zu kommunizieren.

Die Unmöglichkeit zur Möglichkeit machen

"Auf der Bühne ist der Spielraum und der Freiraum sehr groß, und so kann man durch die Darstellung sozusagen die Unmöglichkeit zur Möglichkeit machen", erklärt Paulina die Bedeutung des Theaters für die Gehörlosenkultur. "Was man mit der Gebärdensprache alles machen kann, davon haben viele Leute keine Vorstellung. Und durch das Theater ist es möglich, das darzustellen."

Für Michikazu Matsune, der seit 12 Jahren in Österreich lebt, spielt die Beschäftigung mit anderen (Sub-)Kulturen immer schon eine zentrale Rolle. "Eine neue oder andere Kultur zu treffen ist für mich ein sehr wichtiges Thema in meinem ganzen Leben gewesen", so der Künstler. "Ich möchte aus verschiedenen Kulturen lernen. Es ist immer spannend, zu sehen, wie es in einer anderen Kultur läuft." (Jasmin Al-Kattib, 15. Februar 2011, daStandard.at)