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Grafik: APA

Es ist eine Art agrardiplomatischer Eiertanz, der derzeit rund um EU-Agrarförderungen abgehalten wird. Während so getan wird, als ob es zu keinen Einschnitten käme, werden Direktzahlungen angezweifelt.

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Wien - Zumindest die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner redete kürzlich Klartext: "Bei den Direktzahlungen wird es Anpassungen geben", erklärte sie ihrer Klientel, den Bauern.

In Österreich sind die Agrarpolitiker noch nicht so weit. Bei der Wintertagung, einem landwirtschaftlichen Kongress, der jedes Jahr vom Ökosozialen Forum abgehalten wird, wird herumgedruckst, was das Zeug hält. Da wird von Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik gesprochen und einem "Greening", einem notwendigen "Begrünen", worunter stärker ökologisierte Förderungen verstanden werden. Dass sich auch an der Höhe der Förderungen etwas ändern kann, wird bei offiziellen Aussagen derzeit noch tunlichst ausgespart.

Im Kern der Sache geht es um Folgendes: Wie wird das EU-Agrarbudget in Zeiten klammer nationaler Haushalte aussehen? Werden sich liebgewordene Bauern-Förderungen in der nächsten EU-Haushaltsperiode (2014 bis 2020) fortschreiben lassen?

Insbesondere um die Ausgestaltung der Direktzahlungen wird hinter verschlossenen Türen bereits gefeilscht. Denn bei diesen handelt es sich um den größten Subventionsbrocken innerhalb des Agrarbudgets. Rund 40 Milliarden Euro des mit fast 60 Milliarden Euro jährlich dotierten Topfes werden für Direktzahlungen ausgegeben.

Was die Verhandlungen dabei brisant macht: Die Abmachung mit den neuen EU-Staaten, wonach deren Bauern wesentlich geringere Direktzahlungen pro Hektar bekommen als die Bauern der alten EU-Mitglieder, laufen 2013 aus. Logischerweise wollen die Agrarminister von Polen, Lettland und Tschechien jetzt für ihre Leute mehr herausschlagen. Wollen nicht zulassen, dass sie weiterhin wesentlich weniger bekommen: So erhält der deutsche Bauer 327 Euro je Hektar, so Berechnungen des Wifo auf Basis von Daten aus dem Jahr 2009. Ein österreichischer Bauer erhält durchschnittlich 223 Euro, ein niederländischer gar 430 Euro. Dagegen: Ein slowakischer Bauer erhält 104 Euro je Hektar, der polnische 101, und der ungarische 161 Euro.

Es ist kaum anzunehmen, dass dieses Ungleichgewicht aufrechterhalten bleiben kann. Der polnische Agrarminister Marek Sawicki, sein Land hat im zweiten Halbjahr 2011 den EU-Ratsvorsitz inne, hat schon angekündigt, dass Verteilungsgerechtigkeit im Agrarbereich ganz oben auf der Agenda stehen wird. Die derzeitigen Vorschläge für eine neue EU-Agrarpolitik hält er allesamt für zu konservativ, weil sie die derzeitige Politik vorschreiben. Er rufe dazu auf, von einem "Denken in nationalstaatlichen Kategorien Abschied zu nehmen", sagte er bei der Wintertagung. Soll heißen: Polen präferiert einheitliche Direktzahlungen, eine Art Flat Rate für Bauern, egal, wo der Bauer in der EU seinen Hof hat. Der Vorteil wäre, dass dies einfach handzuhaben wäre und innerhalb der EU zu keinem unfairen Wettbewerb führte.

Im Klub der reichen, alten Mitglieder, Österreich gehört dazu, werden solche Ideen gar nicht gerne gehört. Von einer Überförderung in den Oststaaten ist die Rede, wenn der slowenische Bauer so viel kriegt wie der italienische. Gefürchtet wird, dass die gewohnt großen Stücke vom Agrarkuchen dann empfindlich kleiner werden. Umso mehr, als inoffiziell damit spekuliert wird, dass das kommende Agrarbudget von den Finanzministern gleich einmal um rund zehn Milliarden Euro zusammengestrichen wird.

Erwin Schmid, Professor an der Universität für Bodenkultur, rechnet damit, dass die Zahlungssätze "harmonisiert und angeglichen werden", wie er sagt. Man werde sich von den historischen Zahlungsmodellen verabschieden und stattdessen Sätze entwickeln, die sich am Kaufkraftniveau des jeweiligen EU-Staates orientieren. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.2.2011)