Bild nicht mehr verfügbar.

Flüchtlinge aus Tunesien kommen im Camp im Lampedusa an. In den letzten Tagen sollen mehr als 5000 Menschen angekommen sein.

Foto: EPA/CIRO FUSCO

Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Bild nicht mehr verfügbar.

Bei der Ankunft im Flüchtlingslager.

Foto: EPA/Daniele La Monaca

Bild nicht mehr verfügbar.

Flüchtlinge in Lampedusa.

Foto: EPA/CIRO FUSCO

Bild nicht mehr verfügbar.

Auf dem Weg nach Lampedusa.

Foto: EPA/CIRO FUSCO

Bild nicht mehr verfügbar.

Diejenigen, die es geschafft haben werden jetzt auf Lampedusa betreut.

Foto: REUTERS/Antonio Parinello

Bild nicht mehr verfügbar.

Das Lager auf Lampedusa platzt aus allen Nähten.

Foto: EPA/CIRO FUSCO

Die tunesische Übergangsregierung regiert auf die gewaltige Flüchtlingswelle eigener Landsleute in Richtung Italien. In der Küstenregion Gabès seien mittlerweile alle möglichen Fluchtwege blockiert, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur TAP am Montag. Bereits am Wochenende habe die Armee mit Unterstützung der Nationalgarde und von Fischern mehrere Überfahrten nach Lampedusa verhindert. In den Häfen von Gabès und Zarat seien Kontrollpunkte installiert worden.

***

Einen Monat nach dem Sturz von Präsident Zine El Abidine Ben Ali führt ein Flüchtlingsstrom von Tunesien in Richtung Italien die drängenden Probleme von Arbeits- und Perspektivlosigkeit und die Notwendigkeit schneller Reformen vor Augen. An die 5.000 Menschen sind laut der Regierung in den vergangenen Tagen auf der Insel Lampedusa angekommen - mehr Flüchtlinge als im gesamten Vorjahr nach Italien gelangt sind, die meisten von ihnen aus Tunesien. Allein in der Nacht zum Sonntag landeten auf Lampedusa etwa 1000 Menschen.

"Die Revolution, die wir durchgeführt haben, hat nichts verändert", sagt ein tunesischer Flüchtling in einem Beitrag der römischen Tageszeitung La Repubblica. "Es hat keinerlei Verbesserung gegeben." Und ein weiterer fügte hinzu: "Lieber sterben wir, als nach Tunesien zurückzukehren."

Die italienische Küstenwache hat weitere Schiffe ausgemacht, die auf dem Weg zu der Insel sind, die 110 Kilometer vor der nordafrikanischen Küste liegt. Noch in tunesischen Gewässern sank eines der überfüllten Boote, dabei starben mindestens zwei Menschen.

Acht Bootsflüchtlinge haben die tunesische Küstenwache für das Sinken ihres Schiffs verantwortlich gemacht. Das Schiff der Küstenwache habe das Boot mit 120 Flüchtlingen an Bord gerammt, sodass es in zwei Hälften gebrochen sei, sagten Überlebende am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Bei der versuchten Überfahrt nach Italien waren am Freitag fünf Menschen ums Leben gekommen, 30 werden noch vermisst.

Italien ruft humanitären Notstand aus

Die italienische Regierung rief den humanitären Notstand aus, was dem Zivilschutz außergewöhnliche Befugnisse verschafft. Zudem bat Rom die EU, die Grenzschutzagentur Frontex nach Tunesien zu entsenden. Innenminister Roberto Maroni warf der EU vor, Italien im Stich zu lassen. Brüssel müsse handeln. Er werde Tunesiens Außenminister um Erlaubnis bitten, das italienische Militär eingreifen zu lassen, sagte Maroni, denn das tunesische System sei "zusammengebrochen". Maroni sprach in diesem Zusammehang laut der römischen Tageszeitung La Repubblica gar von einem "Mauerfall des Maghrebs".

Italien brachte den Vorschlag, mit den tunesischen Behörden vor den Küsten Tunesiens zu patrouillieren, um die massive Welle von Bootsflüchtlingen in Richtung Süditalien in Schranken zu halten. Dies bekräftigte Italiens Außenminister Franco Frattini am Montag bei einer Pressekonferenz mit seinem syrischen Amtskollegen Walid Muallem am Rande seines Kurzbesuchs in Damaskus. "Bisher hat das System der gemeinsamen Patrouillen funktioniert und wir wollen dieses System wieder einführen, das bis vor einem Monat die Zahl der Migranten in Richtung Süditalien auf Null reduziert hatte", kommentierte Frattini.

"Ich bin überzeugt, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern stärker denn je wieder beginnen wird", kommentierte Frattini. Am Montagnachmittag reist der italienische Außenminister nach Tunis, wo er Interim-Regierungschef Mohamed Ghannouchi treffen wird. Beim Treffen soll das Thema der Küstenpatrouillen und des Flüchtlingsstroms angesprochen werden.

Die Idee, italienische Polizisten in Tunesien zu stationieren, lehnte ein Regierungssprecher in Tunis mit der Bemerkung ab, Maroni sei ein rechtsextremer Rassist.

EU-Kommission: Italien hat Hilfe abgelehnt

Die italienischen Behörden haben nach Angaben der EU-Kommission ein Unterstützungsangebot der Brüsseler in Zuge des aktuellen Flüchtlingsansturms aus Tunesien nach Süditalien abgelehnt. Die zuständige EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström erklärte am Montag über ihren Sprecher in Brüssel, sie sei "sehr überrascht" davon, dass italienische Behörden in der Presse die "bürokratische" und "langsame" Antwort der Europäischen Kommission kritisiert hätten.

"Ich hatte schon am Samstag persönliche Kontakte mit den italienischen Regierungsstellen und ich habe sie gefragt, ob sie unsere Hilfe brauchen, um mit diesen außergewöhnlichen Umständen fertig zu werden. Die Antwort war klar: Nein, danke, wir brauchen die Unterstützung der Europäische Kommission derzeit nicht", betonte Malmström in ihrer Erklärung. Sie habe dennoch ihre Dienststellen, die EU-Grenzschutzagentur Frontex und das EU-Asylunterstützungsbüro angewiesen, die Lage zu prüfen. Die EU-Kommission sei zu "europäischer Solidarität" bereit. Wie diese konkret aussehen könne, ließ der Sprecher offen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich dafür aus, die "Probleme in den Heimatländern zu lösen". Natürlich könnten nicht alle Menschen kommen, die jetzt über die italienische Insel Lampedusa nach Europa wollten, sagte die Kanzlerin am Montag in Berlin. Europa könne aber beim Aufbau eines Rechtsstaates helfen. "Unser Ziel ist, die Probleme in den Heimatländern auch zu lösen, den Menschen dort eine Perspektive zu geben und ihnen damit auch eine Chance zu geben, in der eigenen Heimat leben zu können."

Isabella Votino, die Sprecherin Maronis, reagiert darauf laut La Repubblica folgendermaßen: Man habe mitunter alte Forderungen, etwa bezüglich des Frontes-Einsatzes im Mittelmeerraum, an die Kommission gestellt und bisher noch keine Antwort erhalten. "Die Kritik richtet sich mehr an die Europäer an sich", sagte Votino weiter. "Von ihnen erwarten wir uns Tagen anstatt nur Worte", außerdem die konkrete Beantwortung der vor einiger Zeit gestellten Anfragen.


Größere Kartenansicht

Lampedusa, Quelle: Google Maps

Ashton: EU gibt 17 Millionen Euro Soforthilfe

Die Europäische Union unterstützt die Übergangsregierung in Tunesien mit 17 Millionen Euro Soforthilfe. Das gab die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Montag während eines Besuches in dem nordafrikanischen Land bekannt. Nach den Worten Ashtons will die EU dem Land bis 2013 mit insgesamt 258 Millionen Euro unter die Arme greifen.

Die EU-Außenbeauftragte kündigte an, Tunesien wolle mit Hilfe der EU im kommenden Monat eine internationale Konferenz über demokratische und wirtschaftliche Reformen in dem Land abhalten. Die EU wolle auch die Handelsbeziehungen zu Tunesien verbessern, sagte Ashton. (fin/APA, derStandard.at, 14.2.2011)