Brüssel/Berlin - Die Euro-Finanzminister verhandeln heute über die geplante Stärkung des Rettungsfonds für angeschlagene Mitgliedsstaaten. Das Volumen von 440 Milliarden Euro soll künftig besser ausgeschöpft werden. Derzeit sind wegen hoher Sicherheitsleistungen de facto nur 250 Milliarden Euro tatsächlich nutzbar.

Die Ausweitung des Fonds ist Teil eines Pakets zur Euro-Absicherung, das die EU-Staats- und -Regierungschefs Ende März beschließen wollen. Dazu gehören außerdem sechs Gesetzesvorschläge zur Verschärfung des Stabilitätspakts und der Wirtschaftsaufsicht. Sie sind am Dienstag Thema des Ministertreffens in Brüssel. Über das Wochenende wurden konkrete Vorschläge diskutiert.

Schonung für private Gläubiger

So will die EU offenbar private Gläubiger von Schulden-Staaten auch nach 2013 weitgehend schonen und stellt sich damit gegen die Vorstellungen der deutschen Regierung. Finanzminister Wolfgang Schäuble hält eine Ausweitung weiterhin für unnötig, die anhaltende Debatte sende zudem das völlig falsche Signal an die Finanzmärkte, sagte er der französischen Zeitung "La Tribune". Frankreich plädierte indes am Wochenende dafür, schon die Hilfsmöglichkeiten des Rettungsschirms vor 2013 auszuweiten.

Verfassungsjuristen des Deutschen Bundestages machten deutlich, dass Erweiterungen des Rettungsmechanismus mit entsprechenden Kosten für Deutschland im Parlament auch die Unterstützung der Opposition erfordern könnten.

In den EU-Plänen für den Euro-Stabilisierungsmechanismus (ESM) ab 2013 komme die Beteiligung privater Gläubiger bei Staatspleiten nur noch am Rande vor, berichtete der "Spiegel". Die Gläubiger sollten sich "freiwillig" an der Sanierung der Staaten beteiligen, ein Zwang zum Forderungsverzicht sei nur ein "letzter Ausweg", schreibt das Magazin unter Berufung auf ein EU-Papier. Die Betroffenen bekämen sogar ein Mitspracherecht bei der Frage, ob diese Passagen überhaupt ins Konzept kämen. "Diese Passage wird mit Markt-Teilnehmern getestet", heißt es dem "Spiegel" zufolge in dem EU-Papier. Geplant sei ein Fondsvolumen von 500 Mrd. Euro. Der Kapitalstock soll 100 Mrd. Euro umfassen, von dem Deutschland dann etwa 20 Mrd. Euro tragen müsste.

Ablösung für den Rettungsfonds

Der ESM soll den jetzigen Rettungsfonds EFSF ab 2013 ablösen, bei dem private Gläubiger bei der Staaten-Rettung nicht zahlen müssen. Im Zuge der Euro-Stabilisierung will die deutsche Regierung aber ein Gesamtpaket schnüren, das auch gemeinsame Standards in der Wirtschaftspolitik umfasst. In dem Zusammenhang hatten Regierungskreise anklingen lassen, dass man zu einer Ausdehnung des EFSF bereit sei. Dies wird seit längerem aus verschiedenen EU-Staaten gefordert.

So sprach sich Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde dafür aus, dass der Fonds "flexibler werden und im Notfall rasch reagieren können" müsse. Mehr Flexibilität lasse sich zum Beispiel durch den Aufkauf von Staatsanleihen angeschlagener Länder durch den Fonds oder den Rückkauf der Papiere durch die Staaten selbst umsetzen, sagte sie dem "Spiegel". Dabei leiht die EFSF den Regierungen Geld, mit dem sie ihre Staatsschuldtitel vom Markt nehmen können.

Pröll: Heute keine Beschlüsse

Österreichs Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) erwartet für heute keine Beschlüsse. Er drängt darauf, "den Druck zu erhöhen, dass alle Länder der Eurozone ihre Hausaufgaben zu erledigen haben, bevor wir über den Stabilitätsmechanismus der Zukunft nachdenken". Österreich sei "durchaus gesprächsbereit" darüber, wie der Euro-Rettungsschirm besser als derzeit auszunutzen wäre. Es gebe "mehrere Möglichkeiten, die Summe, die dasteht, besser auszunutzen, als es derzeit der Fall ist". Es sei aber klar, dass dies nicht auf dem Rücken der am besten benoteten Triple-A-Länder geschehen könne, "die ihre Hausaufgaben gemacht haben, sondern da muss Solidarität walten, auch in Zukunft, und diese Diskussion werden wir heute führen".

"Wenn wir jetzt über einen ständigen Mechanismus diskutieren, müssen auch all jene Länder das machen, was wir schon getan haben: nämlich sparen, Defizit reduzieren und die Schuldenstände in Ordnung bringen", sagte Pröll. Die jüngsten deutsch-französischen Vorschläge für einen Wettbewerbspakt der Euro-Länder wollte Pröll nicht kommentieren. Er kenne die Vorschläge nur aus den Medien und habe kein offizielles Papier gesehen, sagte er. Es sei "absolute Priorität, den Schutzschirm zu einem ständigen Mechanismus zur Stabilität des Euro und Europas zu entwickeln".

Neuordnung des Weltwährungssystems

Im Rahmen seiner G-20-Präsidentschaft strebe Frankreich eine Neuordnung des Weltwährungssystems an. "Jede Idee ist willkommen, auch Bandbreiten für Wechselkurse", sagte die Ministerin. Sie sei stets vorsichtig mit allzu ambitionierten Zielen, "wenn wir aber so ein System hinkriegen und es von der Nachwelt Bretton Woods II genannt wird, soll mir das recht sein". Das mit dem Abkommen von Bretton Woods von 1944 geschaffene internationale Währungssystem fußt auf festen Wechselkursen. Weltweite Leitwährung wurde der mit Gold unterlegte US-Dollar. Anfang der 1970er Jahre wurde das Bretton-Woods-System aufgegeben. (Reuters/red)