Wien - Eine delikate Angelegenheit wird am Dienstag im Arbeits- und Sozialgericht Wien verhandelt: die von der gelben Post angestrebte Aufhebung der Immunität des Zentralausschuss-Mitglieds Manfred Wiedner, der in Personalunion Vorsitzender der Christgewerkschafter-Fraktion (FCG) in der Postgewerkschaft ist.

Aufheben will die Post Wiedners Schutzschild, um in einem Disziplinarverfahren gegen ihn vorgehen zu können. Die Wiedner angelasteten Vorhaltungen wiegen schwer: Missbrauch bei der Abrechnung von Kilometergeld, missbräuchliche Verwendung von Betriebsmitteln sowie Veröffentlichung eines Interviews mit Post-Chef Georg Pölzl im Internet, in dem Pölzls Aussagen verfälscht worden seien. Wiedner bestreitet die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Laut Post-Insidern geht es um viel Geld. Wiedner rechne pro Jahr Kilometergeld für 50.000 mit seinem Privatwagen gefahrene Kilometer bei der Post ab, heißt es - obwohl ihm ein Dienstwagen aus dem Pool an Fahrzeugen für die Personalvertretung zur Verfügung stehe. Er verschaffe sich auf diese Weise ein monatliches Zusatzbrot in der Höhe eines Zustellergehalts, so der Vorwurf.

"Muss ein Gerücht sein"

"Das muss ein Gerücht sein", kontert Wiedner auf Anfrage des Standard. Er habe nie 50.000 Kilometer pro Jahr abgerechnet, sondern "im Jahr der Personalvertretungswahlen vielleicht 18.000 bis 25.000. Das ist genau dokumentiert, korrekt mit Reisekostenabrechnung." Mit dem Dienstauto sei er selbst nie gefahren, sondern seine FCG-Kollegen im Zentralausschuss. Dafür gebe es Fahrteneinsatzblätter, sagt Wiedner, der sich "als Opfer" sieht, das "mundtot gemacht werden soll", was wieder die Post scharf zurückweist.

Der Vorwurf, er verwende "palettenweise Papier", Porto und Betriebsmittel der Post für Parteiwerbung, gehe ins Leere. FCG sei eine parteiunabhängige Gruppe im Zentralausschuss. Wie das FCG-Pickerl auf die Heckscheibe des Dienstwagens gekommen sei, wisse er ebenso wenig wie den Urheber des Youtube-Videos über Pölzl. Ob die Post den Wahrheitsbeweis je antreten muss, hängt von Richterin Brigitte Erhardt ab. Sie entscheidet, ob sie den langjährigen Personalvertreter der Disziplinarkommission im Finanzministerium ausliefert. (ung, DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2011)