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Peter der Große 1975: Damals fegte er mit seiner "Peter Alexander Show" die Straßen in Deutschland und Österreich leer. Am Samstag ist der populäre Entertainer 84-jährig gestorben.

Foto: APA/Ossinger

Wien - Um ein Foto zu finden, auf dem Peter Alexander nicht lacht, muss man lange suchen. Selbst in Momenten vermeintlicher Ernsthaftigkeit blitzt durch, was ihn über 40 Jahre lang zu einem der größten Entertainer des deutschen Sprachraums gemacht hat. Eine Aufgewecktheit, die gerne spitzbübisch genannt wird, weich gebettet auf Naivität und einer Bescheidenheit, die im Unterhaltungsgeschäft rar geworden ist.

Rar gemacht hat sich auch Peter Alexander in den letzten Jahren. Seit dem Tod seiner Frau und Managerin Hildegard Haagen im Frühling 2003 lebte er scheu in seinem Haus in Wien-Döbling.

2009 zwang ihn der Tod seiner Tochter Susanne unfreiwillig an die Öffentlichkeit. Unterbrochen hat er seine Zurückgezogenheit sonst nur für eine Fernsehzuspielung anlässlich einer ZDF-Gala zu seinem 80. Geburtstag vor vier Jahren.

Da sah man den fit wirkenden Jubilar zu Hause am Klavier sitzen und das Lied Dankeschön summen und klimpern. Er staunte über seinen jugendlichen Ehrgeiz an den Tasten und zwinkerte dem fernen Publikum zu: Peter der Große, älter zwar, aber ansonsten der fröhliche Kindskopf von früher. Allein - das bei dieser Zuspielung von ihm in Aussicht gestellte Ständchen zu seinem 90er wird er nicht mehr singen. Am Samstag ist Peter Alexander im Alter von 84 Jahren in Wien gestorben.

Der Sänger, Schauspieler und Showmaster wurde am 30. Juni 1926 als Peter Alexander Ferdinand Maximilian Neumayer in Wien geboren. Schon als Teenager sang er leidenschaftlich, brachte sich Klavierspielen bei und übte sich im Parodieren. 1944 wurde er eingezogen, 1945 geriet er in englische Kriegsgefangenschaft, während der er sich im Gefangenentheater engagierte.

Verordneter Frohsinn

Zurück in Wien, besuchte er nach einem kurzen Gastspiel an der medizinischen Fakultät - er wohnte einer einzigen Vorlesung bei - die Schauspielerschmiede des Max-Reinhardt-Seminars.

Anfang der 1950er kam seine Karriere in die Gänge. Sein Wesen entsprach den Anforderungen der Zeit. Die deutsche Populärkultur verordnete sich in den Jahren nach dem Krieg Frohsinn und den ungetrübten Blick in die Zukunft.

In Peter Alexander personifizierten sich diese Auflagen, und er wurde schauspielernder Sänger und singender Schauspieler in knapp 40 Komödien. Keine davon besaß den Tiefgang des Wolfgangsees, an dessen Ufer er sich 1960 als Oberkellner Leopold in der Komödie Im weißen Rößl in die von Waltraud Haas verkörperte Wirtin verliebte.

Der kulturellen Ödnis der Nachkriegszeit in Österreich und Deutschland schob man den Schein eines fröhlichen Biedermeier vor. Der zeitgenössische Heimatfilm und das Lustspiel waren dessen strapazierfähige Mittel: Verdrängungskultur als 90-minütiges Singspiel mit Happy End im Dirndl. Dazwischen Liebe ohne Sex, Heimat ohne Ideologie, Mandolinen und Mondschein.

Für diese Zerstreuungskunst war Peter Alexander gemacht; er wurde der wandlungsfähige Star des Fachs. Die schlimme Zeit war schlimm genug, jetzt war sie vorbei, die Menschen sehnten sich nach Idylle, wollten ihren Spaß - und Peter gab ihnen, was er konnte: Er buhlte mit Gunther Philipp in Die Abenteuer des Grafen Bobby (1961) um dieselbe Dame und zeigte Bein als Crossdresser in Charleys Tante (1963). Er schulterte Conny Froboess in Hilfe, meine Braut klaut (1964) oder fackelte mit Heintje in Hurra, die Schule brennt! (1969) die Lehranstalt ab - unabsichtlich, versteht sich.

Neben seiner Filmkarriere produzierte er Musik wie am Fließband und wurde ein Gigant des deutschen Schlagers - einer weiteren Form leicht verständlicher Eskapismus-Kultur, für die er englischsprachige Hits eindeutschte (Ich zähle täglich meine Sorgen) oder Nonsens-Lieder wie den Badewannen-Tango sang. Genre-Klassiker wie Das kleine Beisl, Hier ist ein Mensch oder Schwarzes Gold hat der stets elegant gekleidete, sanft interpretierende Alexander ins kollektive Gedächtnis von zwei Generationen eingeschrieben. Rund 120 Alben sind von ihm erschienen, weit über 50 Millionen soll er verkauft haben.

Als Vehikel dafür diente ihm später die Peter Alexander Show, die von 1969 bis 1995 im ZDFund im ORF lief. Quoten von über 70 Prozent machten die Sendung zu wahren Straßenfegern. Alexander trat als Gastgeber auf, sang, spielte Sketches und Parodien. Einen seiner berühmten Hans-Moser-Nuschler findet man auf fast jeder anständigen Peter-Alexander-Best-of-Sammlung.

Wirklichkeitsferne Show

Zu den Gästen zählten Freunde und Wegbegleiter des Showmasters sowie internationale Stars wie Larry Hagman, Tom Jones oder Johnny Cash. Das Duett Jung sama, fesch sama mit Letzterem illustrierte jedoch das zunehmend Groteske, das Wirklichkeitsferne dieser Show, mit der der leidenschaftliche Angler einst viermal in einem Jahr für eine ausverkaufte Wiener Stadthalle sorgen konnte.

Da mochte er den Musikantenstadl noch so toll parodiert haben, im Prinzip hat Peter Alexander dasselbe gemacht: Oberflächenkunst, sympathisch interpretiert, professionell und glatt präsentiert. Sein Talent stellte er nie in den Dienst anspruchsvoller Kunst - ob er tatsächlich ein begnadeter Jazz-Pianist war, wie gerne behauptet wird, es ließ sich nie überprüfen.

Sein Erbe lebt also dort weiter, wo es schon zu Lebzeiten Platz fand: an den für Heimatfilme reservierten Samstagnachmittagen, im Schlager- und Regionalradio. (Karl Fluch, DER STANDARD / Printausgabe, 14.2.2011)