Salzburg - Schuldig im Sinne der Anklage lautete das Urteil 18 Jahre nach dem Mord an Silke Schnabel. Für 19 Jahre und acht Monate soll der 52-jährige Anton W. nun ins Gefängnis. Die Geschworenen berieten stundenlang, bevor das Urteil bekanntgegeben wurde. Sieben von acht Geschworenen stimmten für schuldig.

Der Angeklagte habe Silke Schnabel am 11. Juli 1992 vorsätzlich getötet, nachdem er sie vergewaltigt hatte. Anschließend soll er die Leiche in die Salzach geworfen haben. Am Morgen danach wurde er von zwei Polizisten mit heruntergelassener Hose, sonst völlig nackt, auf der Salzach-Böschung schlafend vorgefunden. Wie berichtet, stand W. schon 1992 im Zentrum der Ermittlungen. Das Verfahren war aber aus Mangel an Beweisen eingestellt worden. 2008 wurden die Ermittlungen erneut aufgenommen. Zu den Anschuldigungen schwieg der Angeklagte fast den ganzen Prozess über. Außer "Ich sag gar nichts mehr dazu. Ich sag nur, ich bin unschuldig" hatte er nichts zu sagen.

Mildernd beurteilten die Geschworenen den Umstand, dass der Angeklagte aufgrund einer Persönlichkeitsstörung nur eingeschränkt zurechnungsfähig sei. Erschwerend seien die Brutalität, mit der das Opfer getötet wurde, und seine Vorstrafen.

Die Geschworenen hatten keine leichte Aufgabe: Nach vier Prozesstagen mussten sie nur auf Grundlage von Indizien urteilen. Wichtige Beweise fehlten. Die sind seit den Ermittlungen 1992 spurlos verschwunden. Die Anklage basierte im Wesentlichen auf Zeugen, die sich 18 Jahre zurückerinnern mussten, und zwei neuen Gutachten, die belegen sollten, dass der Angeklagte der Mörder sein könnte. Bereits Donnerstagabend hörten die Geschworenen die Abschlussplädoyers. Für Staatsanwalt Andreas Allex war ein wesentliches Indiz für die Schuld des Angeklagten, dass es nie einen anderen Verdächtigen gegeben habe. "Er war der letzte Mensch, der Silke Schnabel lebend gesehen hat", betonte Allex.

Ein weiteres Indiz sei, dass die Bluse, die Schnabel in der mutmaßlichen Mordnacht laut Zeugen getragen habe, in der Wohnung des Angeklagten gefunden wurde. Auch der Gürtel mit Blutflecken der Blutgruppe A, die auch Silke aufwies, sei ein belastendes Indiz. Gleichzeitig sollten die Geschworenen die 14 Vorstrafen des Angeklagten bei ihrer Entscheidung ins Kalkül ziehen, gab Allex zu bedenken.

Profiler Thomas Müller hatte eindeutige Parallelen zu den früheren Vergewaltigungen hergestellt. Die Zeugenaussagen von damaligen Prostituierten und des Chefermittlers belasteten W. zusätzlich.

Verteidiger geht in Berufung

Verteidiger Karl Wampl bezeichnete die Zeugenaussagen als "wenig glaubwürdig". Nach 18 Jahren seien die Berichte nur "neu generierte Erinnerungen oder Lügen". Die Berichterstattung der Medien habe zu "markanten Veränderungen in den Zeugenaussagen" geführt. Es handle sich um einen "reinen Indizienprozess" ohne Beweise. In dem "Mosaik von Indizien" müssten alle Steinchen gelegt werden können, um jemanden zu verurteilen.

"Auch wenn nur zehn Prozent Zweifel bestehen, muss man die günstige Variante für den Angeklagten wählen", gab Wampl in seinem Plädoyer den Geschworenen zu bedenken und forderte einen Freispruch. Gegen den Schuldspruch meldete er Berufung an. (Stefanie Ruep/DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.2.2011)