Auch freiwillige Helfer können sich überfordert und ausgebrannt fühlen.

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Freiwilliges Engagement wird in der Gesellschaft großgeschrieben. Durch das Ehrenamt werden viele soziale Bereiche, wie Katastrophenschutz, Altenpflege oder Krankentransport, mitabgedeckt. Zu viel Engagement kann aber für den einzelnen Helfer zur Belastung werden. 

Burnout durch Freiwilligenarbeit sei durchaus nicht ungewöhnlich. Das bestätigt auch Wolfgang Kallus vom Institut für Arbeits-, Organisations- und Umweltpsychologie an der Karl-Franzens-Universität in Graz. "Wenn jemand Hilfe leistet und es kommt keine Belohnung oder Anerkennung zurück, dann führt das zu einer Anstrengungs-Belohnungsinbalance", so Kallus. 

Erste Anzeichen seien, dass die Freiwilligenarbeit "versachlicht" wird, also dass das Interesse an den Personen, denen geholfen wird, abflacht. Auch auf emotionaler Ebene lässt sich Burnout erkennen. "Man hat dann das Gefühl, dass die freiwillige Hilfe nichts bringt", erklärt der Universitätsprofessor. Ein Mittel dagegen: "Schau auf dich, Burnout ist ein schleichender Prozess."

Peers bei der Feuerwehr

Die Überforderung sollte unbedingt mit Kollegen oder geschultem Personal besprochen werden, etwa so genannten Peers. Diese Kollegen mit Zusatzausbildung gibt es auch bei der Freiwilligen Feuerwehr. "Peers sind bei schweren Verkehrsunfällen oder anderen belastenden Einsätzen sofort an der Unfallstelle", sagt der Präsident des Bundesfeuerwehrverbands Josef Buchta. Sie könnten aber auch vom Kommandanten angefordert werden, wenn sich ein Feuerwehrmitglied überfordert fühle. 

Der Kommandant sollte bei der Feuerwehr so oder so die erste Ansprechperson bei Burnoutverdacht sein. "Wir achten bei unserer Ausbildung auch darauf, dass das Kommando entsprechend geschult wird", so Buchta. "Hat jemand aus der Führung diese Schulungen noch nicht absolviert, rate ich dem Kameraden, dies schleunigst nachzuholen." Außerdem plädiert Buchta dafür, dass von Seiten der Freiwilligen Feuerwehren auf die privaten und beruflichen Umstände der Mannschaft Rücksicht genommen wird: "In solchen Fällen muss man das verstehen, wenn dann jemand nicht so oft zu Übungen und Einsätzen kommt."

Maßnahmen der Caritas

Auch Judith Marte von der Caritas ist der Meinung, dass "eine Einrichtung, die mit Freiwilligen arbeitet, Rahmenbedingungen schaffen muss, die sich an die Wünsche und Bedürfnisse der Helfer anpasst". Burnout bei der Caritas sei bisher noch nie ausschließlich durch die Freiwilligenarbeit aufgetreten, sondern immer in Kombination mit Stress in der Familie oder dem Beruf. Um dem "Ausbrennen" vorzubeugen, wurden auch Maßnahmen getroffen. So müsse bei minderjährigen oder unerfahrenen Freiwilligen darauf geachtet werden, in welchen Bereichen sie eingesetzt werden. "Einen 16-Jährigen wird man nicht im Hospizbereich oder mit Obdachlosen arbeiten lassen", sagt Marte.

Außerdem setzt die Caritas auf angestellte Freiwilligenkoordinatoren, die speziell geschult werden und als Ansprechpersonen für die Helfer agieren sollen. Sollte ein Verdacht auf Burnout eines freiwilligen Helfers bestehen, müsse man den Betroffenen aus dem "Engagement herausleiten", so Marte. Dabei sollte aber darauf geachtet werden, dass dieser Prozess nicht zu schnell gehe, weil mit der Freiwilligenarbeit auch ein soziales Milieu abhandenkommen könne. "Aber der freiwilligen Aufopferung müssen auch Grenzen gesetzt werden", sagt Marte.

Wachsame Kollegen beim Roten Kreuz

Ähnlich sieht das auch der Bundesrettungskommandant Gerry Foitik vom Roten Kreuz: "Wenn jemand ungewöhnlich viele Dienste macht, dann sollten die Kollegen beginnen, Fragen zu stellen." Normal sei es für Freiwillige, alle zehn Tage einen zwölf-Stunden-Dienst zu absolvieren. "Klar, gibt es Leute, die drei bis vier Dienste wöchentlich machen, weil sie SchülerInnen sind und Ferien machen. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist das aber bedenklich. Dann kann es sein, dass durch den erhöhten freiwilligen Einsatz andere Probleme kompensiert werden", sagt Foitik. 

Sollte es zu Burnout kommen, gibt es in allen Freiwilligenorganisationen ein Netz, das den Betroffenen auffängt. "Bei der AUVA oder der Arbeiterkammer kann man sich Hilfe holen", erklärt Kallus. Eine spezielle Stelle, wie bei Mobbing, gebe es aber nicht. Außerdem würden von der Krankenkasse die Kosten für psychologische oder psychotherapeutische Betreuung gedeckt werden.

Freiwilligenarbeit als Ausgleich

Laut Kallus ist Burnout "das Ergebnis der Summe aller Belastungen", deshalb sei es auch möglich, dass sich Stress am Arbeitsplatz auch auf die Freiwilligenarbeit auswirke. Auf der anderen Seite sei es aber nicht unwahrscheinlich, dass das freiwillige Engagement als Ausgleich wirke. "Wenn jemand in seinem Job wenig Freiheiten hat und sich nicht entfalten kann, ist es möglich, dass diese Entfaltung im Freiwilligendienst dann stattfindet", so Kallus. Und Foitik fügt hinzu: "Es gibt Studien die belegen, dass jemand der hilft, länger lebt." (Bianca Blei, derStandard.at, 11.2.2011)

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