Mit Mubaraks Entscheidung hatten die "Oberösterreichischen Nachrichten" Donnerstagabend nicht gerechnet.

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Das Drama um den angekündigten und doch nicht vollzogenen Rücktritt von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak begann am Donnerstag um 16.15 Uhr, als Reuters die Meldung vom möglichen Rücktritt ausschickte. derStandard.at entschied sich für Live-Updates, nützte die Vorteile von Online und veröffentlichte keinen fertigen Artikel, sondern einen, der versuchte, mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten. Journalismus als "permanent content beta" nennt das die Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel.

Eine Möglichkeit, die Tageszeitungen nicht haben. Die "Oberösterreichischen Nachrichten" lehnten sich zu weit hinaus und machten die Freitagsausgabe mit der Schlagzeile "Millionen Ägypter jubeln über Mubaraks Rückzug" auf. Das "Neue Volksblatt" sah die "Ägypter im Freudentaumel". Die "Salzburger Nachrichten" ließen das ägyptische Volk im Blatt jubeln, auch auf der Titelseite gab man sich zurückhaltender und weniger aktuell ("Mubarak vor Rücktritt").

Nicht gerade rühmlich auch die Entscheidung des ORF, gegen Ende der lang erwarteten Rede Mubaraks einen Werbeblock zu zeigen. Axel Maireder nennt das in einem Blogeintrag, den auch das Medienwatchblog Kobuk verbreitete, "einem öffentlich-rechtlichem Sender zutiefst unwürdig". Dabei hatte sich der Küniglberg in den vergangenen Tagen mit seinem Korrespondenten Karim El-Gawhary besonders positiv hervorgetan. Spätestens für die Werbung gab es auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ein #fail, auch von der Simultanübersetzung des ORF war man hier enttäuscht.

Laut ORF standen hinter dem Werbeblock "logistische Überlegungen", nämlich das "enge Zeitkorsett" zwischen "Sonder-ZiB" und "ZiB 2", die auch 3sat übernimmt. "'Sonder-ZiB' und 'ZiB 2' kommen aus dem gleichen Studio und somit muss das Studio kurz umgebaut werden", erklärt der ORF gegenüber etat.at. "Mit anderer Moderatorin, anderen Studiogästen, anderer Mannschaft, braucht man immer einen kleinen Puffer dazwischen. Diese Studioadaption geschah während der gebuchten Werbefläche."

Was die Simultanübersetzung betrifft, macht der ORF "technische Umstände" geltend und entschuldigt sich in dem Schreiben dafür. ORF-Chefredakteur Fritz Dittlbacher erkärt: "Aufgrund technischer Probleme mit der Tonleitung nach Ägypten kam es gestern zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Übertragung der Rede des ägyptischen Staatspräsidenten Hosni Mubarak. Der ORF-Vertragspartner Al Jazeera unterlegte die Rede mit der Geräuschkulisse des Tahrir-Platzes, um den arabischen Zusehern ein möglichst authentisches Bild von der Reaktion der Demonstranten zu geben. Der Simultandolmetsch des ORF konnte daher den Ausführungen Mubaraks nur schwer folgen - ein Problem, das die deutschen Sender nicht hatten, da sie Ton und Bild direkt vom ägyptischen Staatsfernsehen bezogen."

Viele aus der Twitter-Community dürften da schon zu den deutschen TV-Sendern gezappt haben. (Die ORF-Medienforschung ermittelte keine "auffälligen Umschaltungen".) Gut aufgehoben war man jedenfalls beim ZDF. Dem Übersetzer konnte man leichter folgen und Claus Klebers Einordnung der Rede war top. Eine souveräne Leistung, urteilte Meedia.

Auf Twitter überbrückte man das Warten auf die Rede Mubaraks mit dem Hashtag #reasonsmubarakislate: "I'm aiming for an Oscar for the best suspense movie", "He's changing his Facebook relationship status to "it's complicated" oder "He can't just leave his presidential farmville!". Und die hoffnungsvollen Tweets, den Diktator zu deinstallieren ("Uninstalling dictator ... 99% complete"), wurden nach der Rede adaptiert: "Error 404 Freedom not Found".

Update

Freitag, 17.05 Uhr, jubelt Ägypten tatsächlich. Mubarak tritt zurück und übergibt die Macht dem Militär, die aktuellen Ereignisse auf derStandard.at/International. Da war die Abendausgabe der "Kronen Zeitung" wohl schon in Druck, das Blatt titelt "Militärs stehen hinter Mubarak", siehe Bild links. Die Schlagzeile war übrigens Samstagnachmittag noch auf Wiener Citychannel-Flächen zu lesen. Womit machen die "Oberösterreichischen Nachrichten" ihre Wochenendausgabe auf? Ganz korrekt mit "Demonstranten erzwingen den Rücktritt Mubaraks".

Mit Infos hat sich indes der ORF in Sachen "Sonder-ZiB" und Simultanübersetzung gemeldet, die Reaktion sowie eine Erklärung von ORF-Chefredakteur Fritz Dittlbacher siehe oben.