Rom/Lausanne - Die seit Ende Jänner vermissten Schweizer Zwillinge sind vermutlich tot. Das kann man aus einem Brief schließen, den der Vater der sechsjährigen Mädchen an ihre Mutter geschickt hat. Er habe darin mitgeteilt, dass er die Kinder getötet habe, bestätigte die Polizei am Freitag Medienmeldungen. "Sie ruhen in Frieden. Sie haben nicht gelitten", zitiert die Zeitung Blick aus dem Brief. Weiters schrieb der 43-Jährige, dass er sich im süditalienischen Cerignola befinde und sich das Leben nehmen wolle. Am selben Tag warf er sich dort vor einen Zug.

Am Donnerstag hatten sich die Hinweise auf ein Verbrechen an den Mädchen verdichtet. So hat die Polizei Beweise, dass der Vater am 1. Februar ohne seine Kinder mit einer Fähre von der französischen Mittelmeerinsel Korsika zurück in die französische Hafenstadt Toulon gefahren ist. Bei der Hinfahrt auf die Insel in der Nacht zuvor sollen Alessia und Livia nach Zeugenaussagen bei ihm gewesen sein.

Der Vater hatte die Mädchen bei seiner von ihm getrennt lebenden Frau abgeholt. Sie wollte sich scheiden lassen. Anstatt die Kinder in die Schule zu bringen, verschwand der Mann mit ihnen.

Die Leiche des Vaters ist nach einer Obduktion offiziell freigegeben worden. Nach Angaben aus Ermittlerkreisen soll es bereits im Testament des Mannes Hinweise auf seine Pläne zur Tötung der Kinder gegeben haben.

Paradoxerweise habe der 43-Jährige aber im gleichen Text die sechsjährigen Zwillinge als seine Universalerben eingesetzt. Im Fall von deren Abwesenheit sollten aber seine Mutter, seine Schwester oder sein Bruder seinen Nachlass erhalten. Das Testament war bereits vor Tagen in der Schweizer Wohnung des Vaters in St. Sulpice bei Lausanne entdeckt worden.
"Seelische Störung"

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur SDA haben sich am Freitag erstmals auch Verwandte des Vaters geäußert. Sie seien überzeugt, dass ihr Sohn und Bruder unter einer "schweren seelischen Störung" gelitten haben müsse, heißt es in einer Erklärung. Nur der "Verlust seiner normalen Persönlichkeit" könne erklären, dass er "so schreckliche Taten vollbringen konnte". Sie hätten ihn "immer als liebevollen und fürsorglichen Vater erlebt", dem seine Familie alles bedeutet habe. (dpa, red/DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.2.2011)