Wien - Die Österreichischen Kinderfreunde können sich vorstellen, dass künftig die gemeinsame Obsorge zur "Regellösung" wird, von der nur dann abzuweichen ist, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist. Als Diskussionsgrundlage für das neue Familienrecht könnte das Modell der deutschen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) dienen, so der Kinderfreunde-Bundesvorsitzende und oberösterreichische SPÖ-Chef, Josef Ackerl, in einer Aussendung am Donnerstag. Mit dieser Position steht er im Widerspruch zu seiner Parteifreundin, Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ).

Ackerl begrüßt den Vorschlag der deutschen Justizministerin, wonach Väter die Möglichkeit haben, nach Anerkennung der Vaterschaft beim Jugendamt auch einen Antrag auf gemeinsame Obsorge stellen zu können. Die Mutter hat dann acht Wochen Zeit, Einspruch dagegen zu erheben. Verstreicht die Zeit ohne Einspruch, gilt die gemeinsame Obsorge auch für nicht-verheiratete Eltern. Bei Einspruch entscheidet das Gericht über eine alleinige oder gemeinsame Obsorge. Die Automatik soll nicht wirken, wenn das Kindeswohl gefährdet ist.

Der Bundesvorsitzende betonte: "Der Gesetzgeber muss sich am Leitbild orientieren, dass die gemeinsame Obsorge in der Regel dem Wohl des Kindes entspricht." Ein modernes Familienrecht sollte die Partnerschaftlichkeit begünstigen und die gemeinsame Obsorge die Regellösung sein sollte, von der nur dann abzuweichen ist, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist, so Ackerl. Zustimmung kommt hierzu von den Freiheitlichen. "Damit stellen sich die Kinderfreunde klar auf die Seite von Kindern als Trennungsopfer. Ich hoffe, dass es in der Gesellschaft einen breiten Konsens für diese Haltung geben wird und wir in Österreich damit zu einem modernen Familienrecht kommen können", erklärte der Vize-Parteichef Norbert Hofer in einer Aussendung. Klar sei, dass ein Elternteil das Recht auf gemeinsame Obsorge verlieren muss, wenn sie dem Kindeswohl schadet, so Hofer. 

Justizministerin optimistisch

Bandion-Ortner hat am Donnerstag die Aussagen des Kinderfreunde-Bundesvorsitzenden und oberösterreichischen SPÖ-Chefs, Josef Ackerl, zur Obsorge-Diskussion begrüßt. Man sei zuversichtlich, dass Ackerls Ansicht auch im SPÖ-geführten Frauenministerium "entsprechend Gehör findet", erklärte ein Sprecher von Bandion-Ortner.

Man begrüße, dass Bandion-Ortners Vorschlag in der SPÖ nun immer mehr auf Zustimmung stoße, konkret, dass es um das Recht des Kindes und nicht um die Frage der Frauen- oder Männerrechte gehe, so der Sprecher. Die derzeitige "Automatik", die "gegen das Recht des Kindes auf beide Elternteile" abgestellt sei, gehöre gesetzlich geändert. Darauf angesprochen, dass Ackerls Äußerungen sich auf Kinder unverheirateter Eltern und nicht auf die Frage der Obsorge nach Scheidungen beziehen, meinte der Sprecher: Man wolle ein "Gesamtpaket", es gehe grundsätzlich um die Stärkung der Verantwortung beider Elternteile, vor allem aber bei Scheidungskindern. (APA)